Fontanes Reise auf der "Sphinx"
Erinnerung an historische Schiffsreise vom 7. Juli 1874
Am frühen Morgen des 7. Juli 1874 lichtete ein kleines Flussschiff an der Köpenicker Schlossinsel die Anker. Die „Sphinx“, ein neun Meter langes Kielschwertboot, ging auf große Fahrt gegen Süden. Mit an Bord der Reiseschriftsteller Theodor Fontane (1819-1898).
Hundert Jahre später sollte an diese Reise, die Fontane über die Dahme nach Schmöckwitz und weiter bis nach Neue Mühle und Teupitz führte, erinnert werden. Gemeinsam ehrten der Heimatverein Köpenick, der Ortsverein Schmöckwitz und das Segelrevier Dahme den großen Schriftsteller, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr begangen wird.
Statt eines Segelschiffs hatten die Heimatforscher den kleinen Schlepper "Volldampf" im historischen Hafen an der Mühlendammschleuse gechartert. Genau wie Fontane gingen die rund 30 Reiseteilnehmer im Frauentog im Schatten der Schlossinsel an Bord.
Während Fontane fast einen ganzen Tag nach Schmöckwitz unterwegs war, brauchten die motorisierte Reisegesellschaft des Jahres 2019 nur drei Stunden, einen Abstecher vor die Gosener Berge inklusive. Vieles, was heute zu sehen ist, konnte Theodor Fontane bei seiner Flussreise 1874 noch nicht beobachten.Von der heutigen Altstadt standen allein ein Teil der Bürgerhäuser und die ehrwürdige, 1841 eingeweihte Sankt Laurentius-Kirche. Und natürlich Schloss und Schlosskirche auf der Schlossinsel.
Fontane beschrieb auf seiner Fahrt unter anderem die Eiswerke in Wendenschloß und zahlreiche Holzkohlemeiler am Rand der Müggelberge. Dafür wurden Kiefernbestände verkohlt, die damals von Raupen geschädigt waren.
Und selbst der Fischer vom Kahniswall – damalige Schreibweise – kommt dann später in Fontanes Erzählungen vor. Dabei kann er sich Seitenhiebe auf die Orte am Ufer der Dahme nicht verkneifen: „Kahnis hatte eine junge Frau, eine Kossätentochter aus Schmöckwitz, die sehr blond und sehr hübsch war, viel hübscher, als man nach ihrem Geburtsort hätte schließen sollen“, schreibt er. An Schmöckwitz selbst muss er nur wenig Freude gehabt haben. Auch das Gotteshaus der Schmöckwitzer, 1799 für die Kolonisten errichtet, kommt beim Meister der Reiseschriftstellerei nicht gut weg. Schmöckwitz selbst wirkte auf Fontane „... wie ein Dünendorf an der Ostsee...“. „Inmitten des Ganzen die Kirche, ein trister Bau, aus dem Anfang dieses oder vielleicht auch des vorigen Jahrhunderts. Sowenig einladend nun das Äußere derselben war, so drang ich doch, nach vielfacher auch auf diesem Gebiete gemachter Erfahrung, die jedes Vorwegurteil verpönt, auf Besuch des Inneren. Denn die trivialste märkische Dorfkirche kann immer noch das Rührendste und die hässlichste immer noch das Schönste verbergen. Hier freilich war ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben. An weiß gestrichenen Wänden hingen die üblichen Gedächtnistafeln, unter der Kanzel stand ein bestaubter Altar, beiden gegenüber aber, dicht gedrückt unter der Decke hin, blinkten die dünnen Röhren eines Harmoniums, dieses verkümmerten Enkelkindes der Orgel. In der Mitte der Kirche paradierte ein Kronleuchter, zum Andenken an die Jahre 1813 bis 1815 gestiftet. Er zeigte die Form einer Kosakenmütze und war mit einem in Blech geschnittenen Eisernen Kreuz geschmückt“, schreibt Fontane.
Während das Harmonium bereits 1911 durch eine schöne Schuke-Orgel ersetzt wurde, kann der Kronleuchter noch heute bewundert werden.
Hier in der Schmöckwitzer Dorfkirche endete die Gedenkreise des Heimatvereins Köpenick mit einer Lesung aus „An Bord der Sphinx“ aus den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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