„Die Nerven liegen blank“
Leiterin des Hochbauservice im Bezirksamt zeichnet ein frustrierendes Lagebild ihrer Abteilung
Die Lage im Bereich Hochbau des Bezirksamtes, neudeutsch Facility Management, ist Ernst. "Alle sind überlastet, die Nerven liegen blank". Mit diesem Eingeständnis brachte Amtsleiterin Martina Häusler die Situation im zuständigen BVV-Ausschuss am 12. Mai auf den Punkt.
Der Fachbereich verantwortet so ziemlich alle Bauvorhaben an öffentlichen Gebäuden wie am Rathaus, Freizeitstätten, Schulen und Kitas. Von 79 Stellen sind aber 15 seit eineinhalb Jahren nicht besetzt. Dies liege auch an der Fluktuation. Wenn ein neuer Mitarbeiter eingestellt werde, verließe wieder ein anderer den Bereich. Dabei dürfte der Hochbauservice seinen Personalbestand sogar auf bis zu 84 Beschäftigte ausweiten.
Öffentlicher Dienst als Arbeitgeber unattraktiv
In vielen Abteilungen der Verwaltung gibt es zwar das Problem, Stellen zu besetzen. Doch beim Hochbauservice wie der Stadtentwicklung oder dem Straßen- und Grünflächenamt ist die Situation besonders dramatisch. Um Bauingenieure, Architekten, auch sogenannte Bauläufer, etwa Poliere buhlt auch die freie Wirtschaft und zahlt in der Regel besser. Zudem konkurriert das Bezirksamt im Bereich des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber in Berlin noch mit den Senatsverwaltungen und den Verwaltungen des Bundes.
Auch die Aussicht auf weniger Stress animiere zum Jobwechsel, erklärte Martina Häusler. Im Bundesbauministerium wäre ein Bauleiter manchmal nur für eine Baustelle verantwortlich. In ihrem Bereich müsste er manchmal zehn große Bauvorhaben betreuen.
Wer für zehn Bauprojekte verantwortlich ist, kann sich kaum zeitgleich um alle gleich und durchgehend kümmern. Hinzu kommen oft schwierige und langwierige Vergabeverfahren und Firmen, die nicht immer Zuverlässigkeit garantieren. Sei es, weil sie selbst unter Mitarbeitermangel leiden, sei es, weil lukrativere Aufträge vorgezogen werden. Manchmal verschwinden Auftragnehmer auch vom Markt, das Baulos muss neu ausgeschrieben werden. Bei manchen Ausschreibungen findet sich erst im zweiten oder dritten Anlauf ein Bewerber.
Ein privater Bauherr könne ganz andere Vorgaben machen, "wir können vor allem abmahnen, abmahnen, abmahnen", resümierte Martina Häusler. Verfahren und Rechtsstreitigkeiten binden wiederum weitere Kapazitäten im Amt. Häufig verlängern sie die Bauzeit. Und fast immer wird es teurer, als ursprünglich geplant, weil die Baupreise gerade aktuell eplodieren. Für ein Angebot, das an einem Tag abgegeben werde, könne schon einen Tag später ein Aufschlag erhoben werden, machte Martina Häusler deutlich. Für manche Materialien würden bis zu acht Mal höhere Summen verlangt als noch vor einigen Wochen. Eine einigermaßen seriöse Kostenplanung sei kaum noch möglich.
Die Kostensteigerungen bedeuten den bisherigen Höhepunkt einer Krisensituation, die durch die Corona-Pandemie nochmals verschärft wurde, erinnert die Fachbereichsleiterin. Firmen beklagten Ausfälle wegen der Quarantäne der Mitarbeiter. Zudem könnten sie zum Teil aufgrund von Lieferengpässen Aufträge nicht abarbeiten. Diese pandemiebedingte Lage habe sich seit dem Krieg in der Ukraine noch einmal verschärft.
"Wie können wir Ihnen helfen?", war eine Frage die Ausschussmitglieder an Martina Häusler. "Wenn Sie Architekten oder Bauingenieure kennen, schicken sie diese zu uns. Wir haben freie Stellen", war ihre lakonische Antwort. Doch dafür müsste sich erst einmal am Verdienst etwas ändern. Aber darüber entscheidet nicht die Bezirksverordntenversammlung Spandau.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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