Besser lesen, besser leben: Neues Projekt gegen funktionalen Analphabetismus
Spandau. Die Havelstadt ist um ein integratives Bildungsangebot reicher: In der Mönchstraße 7 eröffnete jetzt das Lerncafé Spandau – ein Ort, der allen offen steht, die Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben.
Rund 7,5 Millionen Deutsche gelten laut einer Studie der Universität Hamburg als funktionale Analphabeten. Mehr als 300.000 Berliner sind vielleicht noch in der Lage, einzelne Wörter oder Sätze zu lesen und zu schreiben – nicht aber zusammenhängende Texte. Und in Spandau können 20.000 Frauen und Männer nicht ohne Hilfe lesen und schreiben. Mit dem neuen Lerncafé will die Gesellschaft für Interkulturelles Zusammenleben (GIZ) dafür sorgen, dass zumindest die letzte Zahl bald deutlich sinkt. „Lesen und Schreiben bedeuten Teilhabe und Selbstbestimmung“, sagt GIZ-Geschäftsführerin Britta Marschke. Kernkompetenzen, die auch für eine gelungene Integration unerlässlich seien. Das Lerncafé Spandau steht aber allen Hilfe- und Ratsuchenden offen – als generationsübergreifender, interkultureller Ort fürs Lernen und Verstehen.
Das neue GIZ-Projekt will bestehende Bildungsangebote ergänzen. Niederschwellig lautet das Zauberwort. „Wir wollen erste Anlaufstelle im Bezirk für Menschen sein, die nicht richtig lesen und schreiben können“, erläutert Projektleiterin Anne Nadif. „Denn wir haben die Hoffnung, dass hier die Hemmschwelle nicht ganz so hoch ist. Aber natürlich agieren wir nicht im luftleeren Raum, sondern fügen uns ins Netzwerk des Alpha-Bündnisses und des Grundbildungszentrums ein.“
Lerntandems sollen sich entwickeln
Konkret soll es in Kürze zwei kleine Gruppen geben, die regelmäßig und kompetent angeleitet in der Altstadt das Lesen und Schreiben trainieren: eine für Menschen, die in Deutschland die Schule besucht haben, und eine Gruppe für Hilfesuchende, bei denen das nicht der Fall war. An einem Vormittag pro Woche sollen sich die beiden Lerngruppen begegnen. „Unser großer Wunsch wäre es, dass sich interkulturelle Lerntandems entwickeln“, sagt Anne Nadif. Langfristig wollen die Projektleiterin und ihre ehrenamtlichen Helfer auf passende, strukturierte Lernangebote aufmerksam machen und Plätze vermitteln – etwa für die Kurse der Volkshochschule.
Eine Sozial- und eine Rechtsberatung komplettieren das neue Projekt der GIZ, hinzu kommen Kreativangebote, Vorträge und kleine Veranstaltungen in der Mönchstraße 7. Nicht zuletzt wird sich im Lerncafé künftig auch eine Selbsthilfegruppe für funktionale Analphabeten treffen. bm
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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