Luftbrücke zum Anfassen
Carossa-Schüler drehen Doku mit Zeitzeugen
Sie waren Kinder der Berliner Luftbrücke. Jetzt treffen Zeitzeugen von damals auf Schüler des Hans-Carossa-Gymnasiums.
Mercedes Wild schimpft heute noch auf die Jungs, die immer die ersten waren bei den Candy-Fallschirmen. Sie als Mädchen hatte stets das Nachsehen und bekam ihren ersten, mit Schokolade gefüllten Fallschirm aus Taschentüchern erst 1989 überreicht und zwar vom legendären US-Piloten Gail Halvorsen persönlich. Jörg Sonnabend wiederum erinnert sich an die vielen Kaffeebohnen, die er im Wald bei Gatow aufsammelte, weil ein mit Rohkaffee beladener „Rosinenbomber“ nicht sicher landete und Ladung verlor. Die Eltern von Karin Rohde waren überglücklich, wenn ihre Kinder Kohlen mit nach Hause brachten, die in scharfen Kurven von den schwer beladenen Lastwagen fielen, die vom Flugplatz Gatow kamen.
Zeitzeugen wie Mercedes Wild, Jörg Sonnabend oder Karin Rohde werden immer weniger. Dabei haben sie viel zu erzählen, auch wenn sie zur Zeit der Berliner Luftbrücke erst sieben, zehn oder 15 Jahre alt waren. Damals, vor 70 Jahren versorgten Amerikaner und Briten von Juni 1948 bis Mai 1949 das abgeschottete Berlin mit Hilfsgütern.
Dokumentarfilm wird im Juni 2019 gezeigt
Damit das Wissen und die persönlichen Erlebnisse der Zeitzeugen nicht verloren gehen, treffen sich die „alten Kinder“ jetzt regelmäßig mit Schülern der 11. Klassen des Hans-Carossa-Gymnasiums in Kladow und des Christian-Gymnasiums im niedersächsischen Hermannsburg bei Faßberg, der Partnerstadt Spandaus. Der Fliegerhorst Faßberg war einer der wichtigsten Pfeiler der Luftbrücke. Exakt 539.112 Tonnen heiß begehrte Kohle wurden damals von Faßberg nach Gatow geflogen. Was die Spandauer einst erlebten, wollen sie den Schülern erzählen. Denn die haben ein Projekt im Sinn: Einen Dokumentarfilm, der im Juni 2019 bei Berlin Airlift 70 gezeigt werden soll. Bei diesem Event kommen die historischen „Rosinenbomber“ anlässlich des 70. Jubiläums der Luftbrücke nach Berlin zurück – sehr wahrscheinlich zum letzten Mal.
Die geplante Dokumentation wird im Leistungskurs Geschichte am Hans-Carossa-Gymnasium mit zwölf Schülern vorbereitet. „Spandauer Brückenpfeiler“ nennt sich das Projekt. „Dank der Zeitzeugen machen wir die Geschichte unseren Schülern ganz anders erlebbar“, sagt Geschichtslehrer Jobst Herzig. „Quellen sind schön und gut, Geschichte zum Anfassen aber hat eine andere Qualität.“ Erste Gespräche der Zeitzeugen mit Lillan, Florian, Niklas und den anderen Schülern des Gymnasiums gab es bereits im August, als sie sich mit Spandaus Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD), seinem Amtskollegen Frank Bröhl aus Faßberg und den Schülern aus Hermannsburg auf dem ehemaligen Flugplatz Gatow trafen. Weitere Gespräche sollen folgen. Auch am Christian-Gymnasium sind die Schüler nicht faul. Dort werden 21 Mädchen und Jungen Zeitzeugen vom Kohle-Startplatz Faßberg für den Dokumentarfilm interviewen.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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