Erziehermangel verschärft sich: Eltern schreiben offenen Brief an Bildungssenatorin
Spandau. Hunderte Kita-Plätze können in Berlin nicht vergeben werden, weil es an Fachkräften mangelt. Auch in Spandau fehlen Erzieher. Darum haben Eltern einen offenen Brief an die Bildungssenatorin verfasst.
Krippen und Kitas sind übervoll. Eltern suchen verzweifelt einen Kita-Platz. Und wo es noch freie Plätze gibt, vergeben die Träger sie oft nicht, weil Erzieher fehlen. Wie dramatisch die Situation auch in Spandau ist, hat der Bezirkselternausschuss-Kita (BEAK) kürzlich bei einem Infoabend zum Thema „Fachkräftemangel“ deutlich gemacht und dort auch seinen offenen Brief an Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) vorgestellt. Der ist vier Seiten lang, bringt die Probleme auf den Punkt, schlägt aber auch Lösungen vor, an denen die Senatorin mitarbeiten soll.
Kostenfreie Kitas locken Eltern
Denn: Der Erziehermangel wird sich nach Auffassung der Eltern noch verschärfen. Allein über die Verbesserungen im Personalschlüssel werden zusätzliche Pädagogen gebraucht. Gleichzeitig drängen mehr Kinder wegen der Kostenfreiheit in die Kitas. Der Senat hat zwar seine Ausbildungsplätze aufgestockt, doch die reichen nicht aus, um den Bedarf in den Kitas zu decken. Erschwerend kommt hinzu, dass die Fachkräfte in Berlin weniger verdienen als zum Beispiel in Brandenburg.
„In Spandau klagen Eltern, Träger und das Bezirksamt über den Mangel an neuen Kita-Plätzen aufgrund des unzureichenden Platzausbaus, vor allem aber bedingt durch die immense Personalnot“, heißt es in dem offenen Brief des BEAK. Aufgesetzt hat ihn die Vorsitzende Sandra Liedtke gemeinsam mit anderen Elternvertretern. Denn der Erziehermangel erschwere die Situation in vielen Kitas. „Wenn in einer bereits angespannten Personalsituation Fachkräfte erkranken, keine Vertretung gefunden wird oder offene Stellen nicht besetzt werden können, dann hat das gravierende Auswirkungen auf die Arbeit in den Kitas, auf die Mitarbeiter und ganz dramatisch auf die Familien.“ Angebote und Ausflüge fallen weg, Unfälle häufen sich, und Kitas reduzieren ihre Öffnungszeiten. „Die Eltern sind aber auf verlässliche Betreuungszeiten angewiesen und können verkürzte Öffnungszeiten nicht dauerhaft durch Oma, Opa oder Freunde ausgleichen“, sagt Sandra Liedtke.
400 Kinder haben keinen Platz - vor allem weil Erzieher fehlen
Im Bezirksamt Spandau wird gerade der aktuelle Kita-Bedarfsplan erarbeitet. Fest steht aber schon heute: „Wir haben über 400 Kinder, die momentan auf einen Kita-Platz warten“, informiert Jessica Polko, Kita-Koordinatorin im Jugendamt. Gravierend ist der Platzmangel besonders im Falkenhagener Feld und in Gatow/Kladow. In der „Landstadt Gatow“ soll zwar eine neue Kita mit etwa 100 Plätzen eröffnen, die kommt verspätet aber erst im März 2018. Andererseits sind im Bezirk gut 600 Kita-Plätze nicht belegt, weil den Trägern die Erzieher fehlen. Eltern haben aber einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Das weiß auch das Bezirksamt, kann gegen die Personalnot aber wenig tun. „Wir sind als Randbezirk für viele Fachkräfte einfach nicht sexy genug“, sagt Jugendstadtrat Stephan Machulik (SPD). Einrichtungen hätten es schwer, Erzieher zu finden, denn schon einen Kilometer weiter gibt es in Falkensee für die gleiche Arbeit mehr Geld. Viele Absolventen der Fachhochschulen würden erfahrungsgemäß auch gar nicht in den Kitas ankommen, sondern weiterstudieren, weil die Jobaussichten dann lukrativer seien.
Der Erzieherberuf braucht eine Imagekampagne
Doch was sind sinnvolle Lösungen? Der Senat muss allen Trägern eine angemessene, sprich tarifliche Bezahlung seiner Erzieher ermöglichen, fordern die Eltern in ihrem Brief an Sandra Scheeres. Die Träger sollten ihre Kooperationen mit Fachschulen intensivieren und Spandau als künftigen Arbeitsort aktiver bewerben. Das Bezirksamt wiederum könnte mit einer Imagekampagne für den Erzieherberuf trommeln, Schüler über digitale Medien für Praktika in Spandauer Kitas begeistern und in Kooperation mit der Arbeitsagentur aktiver zum Erzieherberuf und seinen Aufstiegschancen beraten. Der offene Brief ist bereits abgeschickt. Parallel läuft aber noch die berlinweite Petition „Gute Bildung braucht gute Rahmenbedingungen“ der AG 78. Der BEAK Spandau unterstütze die darin formulierten Forderungen, sagt Sandra Liedtke. uk
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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