ERNÄHRUNG
Weg mit dem Wohlstandsspeck: Gewohnheiten gezielt und nachhaltig verändern
Am Anfang der Ernährungsberatung steht eine tagtägliche Aufzeichnung der Ess- und Trinkgewohnheiten. Dieses Protokoll gibt Aufschlüsse über die Kalorienfallen des Tages. Die Dickmacher finden sich meist unter dem, was man nebenbei isst und trinkt: den Latte macchiato, den Snack beim Warten auf die U-Bahn oder die Knabbereien abends vor dem Fernseher.
„Das Schlimmste sind jedoch die Softdrinks“, sagt der Ernährungsmediziner Olaf Lenzen. Aus Unkenntnis werden diese kalorienhaltigen Getränke oft als Durstlöscher eingesetzt. Dadurch erhält der Körper ständig ein Überangebot an Zucker. Und wir haben nicht einmal ein Sättigungsgefühl. Olaf Lenzen leitet das Zentrum für Ernährungsmedizin an den Vivantes Kliniken Humboldt und Spandau: „Es gibt einen Zusammenhang zwischen der massenhaften Einführung von Softdrinks in den vergangenen Jahrzehnten und dem Übergewicht in unserer Gesellschaft.“
Noch nie gab es ein so reichhaltiges Nahrungsangebot wie heute. Wir leben quasi im Schlaraffenland. Doch inzwischen ist Fachwissen über das, was wir essen und trinken, dringend nötig, um gegensteuern zu können. Natürlich möchten die Menschen ihr Übergewicht schnell wieder loswerden – am besten zehn Kilo in zehn Tagen. Doch solche Wunschvorstellungen sind unrealistisch. Ob im Rahmen der Ernährungsberatung oder in einer Abnehmgruppe: Jeder kann sich seine Abnehmformel selbst erarbeiten. Von den etwa 200 täglichen Entscheidungen zur Ernährung können wir beim Einkaufen, Kochen oder abends in einer Cocktailbar einige Dinge grundsätzlich anders machen. „Wer damit etwas weniger Energie zu sich nimmt, als der Körper braucht, nimmt ganz langsam ab“, ermutigt Lenzen.
Warum fällt es den Menschen trotzdem so schwer, das eigene Gewicht in den Griff zu bekommen? Diese Frage ist vor allem verhaltenstherapeutisch zu beantworten. „Für eine Veränderung in unserem Leben brauchen wir etwa zwei Monate, bis die neue Gewohnheit selbstverständlich geworden ist“, erklärt Ernährungstherapeutin Christina Zimmer. Ihr Tipp: Nicht zu viele Gewohnheiten auf einmal ändern! Sonst fällt man schnell in sein altes Verhalten zurück.
„Manchmal verstecken sich die Menschen auch hinter ihrem Alter“, ist Olaf Lenzen aufgefallen. Man darf vermeintliche Altersveränderungen, wie etwa die Wechseljahre, nicht damit verwechseln, dass sich Menschen schlecht ernähren und zu wenig bewegen. Also: Runter vom Sofa und raus aus der Komfortzone! Laut einer Faustregel tragen zum Abnehmen etwa 70 Prozent durch Ernährung und 30 Prozent durch Bewegung bei. Deshalb sollte der Besuch im Sportstudio oder Turnverein nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Aber auch hier gilt: Überforderung bringt nichts, denn man muss sich erst einmal an die Bewegung gewöhnen.
Gewicht ist nicht nur eine Frage der Schönheit, sondern viel mehr der Gesundheit. Aus medizinischer Sicht sollten übergewichtige Patienten ihr Gewicht zumindest so weit reduzieren, dass die Blutwerte (Blutzucker, Blutdruck und Blutfettwerte) wieder im grünen Bereich liegen. Wenn dies nicht der Fall ist, können zahlreiche Folgeerkrankungen entstehen wie etwa Diabetes, Gicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Gelenkbeschwerden.
Patienten können sich vom Hausarzt zur Beratung überweisen lassen. Eine Stunde bei einem zertifizierten Ernährungsberater kostet rund 70 Euro. Die Krankenkassen zahlen Zuschüsse für sechs Beratungen, die vorab beantragt werden müssen. Eine Alternative sind Gruppenkurse, bei denen in Kleingruppen Ernährungswissen anschaulich vermittelt wird.
Literatur: Margret Bielenberg und Jochen Mertens: "Herr Mertens nimmt ab", Verlag Umsorgt wohnen, Jochen Mertens e.K., 256 Seiten, ISBN 978-3-941 891-11-1, 19,90 Euro. Der Ratgeber ist im Buchhandel und auf www.herr-mertens-nimmt-ab.de erhältlich.
Autor:Jochen Mertens aus Mitte |
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