Wiedereröffnung nach sechs Jahren Bauzeit
Musikschule Spandau kehrt zurück in die Moritzstraße
Baumaßnahmen dauern in Berlin meist länger und werden teurer als geplant. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Sanierung des Musikschulgebäudes in der Moritzstraße 17. Sie sollte zwei Jahre dauern, am Ende waren es sechs Jahre.
Mehrere Eröffnungstermine wurden genannt, die aus unterschiedlichen Gründen nicht eingehalten werden konnten. Doch am 6. September war es so weit. An diesem Tag wurde die umgebaute Musikschule endlich eingeweiht.
Die Baugeschichte barg neben den üblichen Pleiten, Pech und Pannen einige Besonderheiten. Das Gebäude sollte modernisiert, die Fassade restauriert, Barrierefreiheit hergestellt sowie die Außenanlagen hergerichtet werden. Nach der Sanierung sollte die Musikschule alleinige Nutzerin in dem einstigen Schulhaus werden. Die Volkshochschule, mit der sie das Gebäude zuvor teilte, war 2017 ins Haus der Gesundheit an der Carl-Schurz-Straße gezogen. In demselben Jahr begann der temporäre Umzug der Musikschule in das Alte Kantgymnasium, ebenfalls in der Carl-Schurz-Straße. Es wurde eine lange Zwischennutzung.
Nach dem Baustart 2018 folgten die fast üblichen Verzögerungen im Bauablauf. Sie lagen an „unvorhersehbaren Problemen und Anpassungsbedarfen“, so wird das auf der Webseite des Altstadtmanagements Spandau beschrieben. Es gab Schadstofffunde, späteres Ende einer Bauetappe und damit auch späterer Beginn der nächsten. Es kam zu Lieferengpässen und Materialmangel und natürlich auch zu Einschränkungen während der Coronazeit.
Eher ansonsten untypisch waren weitere Hürden. Während der Arbeiten an den Außenanlagen wurden zunächst Teile eines alten Friedhofs freigelegt. Es folgte 2023 der spektakuläre Fund von Resten der alten Moritzkirche. Sie war 1920 abgerissen worden. Dass noch Teile des Fundaments existierten, war eine Überraschung. Laut archäologischen Erkenntnissen wurde das Gotteshaus gegen Ende des 12. Jahrhunderts errichtet und wäre damit wahrscheinlich die älteste Kirche in Berlin. Der freigelegte Torso ist inzwischen wieder unter dem neugestalteten Hof der Musikschule verschwunden. Die ursprüngliche Idee, ihn zumindest teilweise durch sogenannte „historische Fenster“ sichtbar zu halten, wurde vor allem aus Kostengründen verworfen. Eine Markierung auf dem Pflaster verweist jetzt auf den einstigen Grundriss der Moritzkirche. Der Blick in die Geschichte hat den Bauplan der Gegenwart ebenfalls verlängert.
Und schließlich war die Sanierung durch mehrere Ausfälle und sogar Todesfälle geprägt. Das ursprünglich beauftragte Planungsbüro zog sich zurück, das Projekt wurde von einem ehemaligen Mitarbeiter übernommen. Eine der Architektinnen ist gestorben, ebenso wie der Künstler Axel Anklam, der Sieger des Kunst am Bau-Wettbewerbs.
All diese Etappen eines langen und schwierigen Wegs waren bei der Einweihung am 6. September noch einmal ein Thema. Drei verschiedene Kulturstadträtinnen und -stadträte begleiteten die Sanierung: zunächst Gerhard Hanke, dann der heutige Bürgermeister Frank Bewig (beide CDU), seit 2023 Dr. Carola Brückner (SPD).
Vor allem aber richteten sie jetzt den Blick nach vorne. Von einem „Durchstarten nach Zeiten der Frustration“ sprach der Bürgermeister. Gerhard Hanke verwies darauf, dass die Spandauer Musikschule jetzt zum ersten Mal über ein eigenes und alleiniges Gebäude verfüge. Die Bedeutung der Musikschule auch als Ort der kulturellen Begegnung hob Carola Brückner hervor. „Die Musikschule schafft Grenzen ab und fördert den sozialen Zusammenhalt. Sie ist daher ein unverzichtbares Angebot für unsere Stadtgesellschaft“. Ausgedrückt wird das jetzt an einem rundum sanierten und barrierefreien denkmalgeschützten Gebäude mit Räumen für Einzel- und Gruppenunterricht, einer Aula, einem Kammermusiksaal, Verwaltungsbereich.
Möglich wurde das durch Städtebaufördermittel des Bundes und des Landes Berlin aus dem Programm „Lebendige Zentren und Quartiere“. 8,3 Millionen Euro wurden am Ende investiert. Ursprünglich war von 2,7 Millionen Euro die Rede, später von 4,3 Millionen.
Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) sieht in der Sanierung der Musikschule einen „Meilenstein“ in Bezug auf die gesamten Baumaßnahmen im Fördergebiet Altstadt Spandau. Im Ergebnis der Sanierung sei in der Moritzstraße „eine der modernsten Musikschulen im Land Berlin“ entstanden.
Dass die Einrichtung auch in den vergangenen Jahren und unter erschwerten Bedingungen großartige Arbeit geleistet hat, zeigte sich an ihren Beiträgen bei der Einweihung. Ein Gitarrenensemble trat auf, Streicher, Blechbläser, zwei Pianistinnen und gleich zu Beginn gab es eine Art besondere Leistungsschau per Videoeinspielung. Verschiedene Instrumentalisten und Chöre präsentierten den Pop-Klassiker „Music“ von John Miles. Die Aufnahmen entstanden während der Coronazeit an verschiedenen Orten und wurden danach zum Gesamtkunstwerk zusammengesetzt.
Nicht nur die Pandemie, sondern auch die Baugeschichte spielte bei dieser Produktion eine Rolle, wie Musikschulleiterin Anabel Heger verriet. Als sie sich vor knapp vier Jahren für diese Stelle beworben habe, sei sie gefragt worden, wie sie sich eine nahe Eröffnung des Gebäudes unter den Vorzeichen eines damals weitgehenden Versammlungsverbotes vorstelle. Ihre Antwort sei unter anderem dieser digitale Beitrag gewesen. Der wurde auch eingespielt, fand aber zunächst wegen verschobenen Eröffnungsterminen keine Verwendung. Das passierte erst am 6. September. In einer inzwischen wieder völlig anderen Zeit.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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