Bekannte Lieder - vergessener Texter
Revueabend zu Ehren des Schlager-, Chanson- und Kabarettdichters Robert Gilbert
„Das gibt’s nur einmal“, „Ein Freund, ein guter Freund“, „Irgendwo auf der Welt“, „Oh mein Papa“ oder „Durch Berlin fließt immer noch die Spree“. Diese und weitere Lieder von Robert Gilbert wurden Evergreens und sind am Donnerstag, 27. April, auf dem jüdischen Theaterschiff MS Goldberg zu erleben.
Dass diese Ohrwürmer von Robert Gilbert (1899-1978) stammen, wissen heute wohl nur noch wenige. Er war über Jahrzehnte einer der erfolgreichsten Schlager-, Chanson- und Kabarettdichter, verfasste Libretti zu Operetten und Musicals, fasste Filmsongs in Worte. Zu einigen Liedern steuerte er auch die Melodie bei. Robert Gilbert, der mit bürgerlichem Namen David Robert Winterfeld hieß, wurde als Sohn eines Kapellmeisters und einer Modistin in Berlin geboren. Die ersten Operetten, Schwänke oder Revuen schrieb er mit seinem Vater. Teilweise unter Pseudonym verfasste Robert Gilbert auch politische Couplets, mehrfach zusammen mit Hanns Eisler. Seine größten Erfolge feierte er als Texter der damals populären Liedbeiträge im aufkommenden Tonfilm, etwa in „Die Drei von der Tankstelle“ (1930) „Der Kongress tanzt“ oder Bomben auf Monte Carlo (beide 1931). 1930 war er als Wort- und Tonschöpfer auch am Singspiel „Im Weißen Rössl“ beteiligt.
Robert Gilbert stammte aus einem jüdischen Elternhaus. Nach der Machtübernahme der Nazis verließ er Deutschland, ging zunächst nach Wien, lebte nach dem „Anschluss“ Österreichs für kurze Zeit in Paris, ehe er mit Frau und Tochter im März 1939 nach New York emigrierte. In den USA verfasste er unter anderem politische Lyrik. Das Exil verhalf ihm gleichzeitig zu einer zweiten Karriere nach dem Krieg, vor allem in Deutschland, das ihn einst vertrieben hatte.
Nach seiner Rückkehr nach Europa ab 1949 schrieb Robert Gilbert zunächst erneut Texte zu Filmsongs oder Kabarett-Programmen, später übersetzte er Musicals wie „Hello Dolly“, „Annie Get Yoru Gun“ oder „Cabaret“ in seine Muttersprache. Am bekanntesten wurde sein Beitrag zu „My Fair Lady“, dessen deutsche Erstaufführung 1961 im Theater des Westens stattfand. Robert Gilbert hatte nicht nur die Geschichte um das Blumenmädchen Eliza Doolittle nach Berlin verlegt, sondern auch den bekanntesten Song des Musicals zu einem ganz eigenen Hit gemacht. „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“. Auch „Ich hätt‘ getanzt heut Nacht“, der Titel der Hommage auf der MS Goldberg stammt aus My Fair Lady.
Der Abend auf dem jüdischen Theaterschiff mit Evergreens, Chansons und Gedichten ist auch „Ein Abend gegen das Vergessen“ und wird veranstaltet vom „Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ im Rahmen der Reihe „weltweites Exil“. Die Interpreten sind Jeannette Urzendowsky, bekannt als „Chanson-Nette“ und der Schauspieler und Comedian Henry Nandzik. Musikalisch begleitet werden sie vom ukrainisch-russischen „Trio Scho“. Regie führt Isabelle Gensior. . Erwartet werden auch zwei Ehrengäste. Zum einen Helen C. Whitebrink, die Enkelin von Robert Gilbert, die aus den USA anreist. Außerdem Elisabeth Trautwein-Heymann, die Tochter des einstigen UFA-Generalmusikdirektors Werner Richard Heymann. Gilbert und Heymann haben vor allem bei vielen Tonfilmschlagern zusammengearbeitet. Zum Beispiel beim Freund, dem guten Freund. Oder bei „Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder“.
„Ich hätt‘ getanzt heut Nacht“, Revue auf der MS Goldberg am Havelufer nahe der Dischingerbrücke, 27. April, 19.30 Uhr. Eintrittskarten gibt es zu 20, ermäßigt 15 Euro an der Abendkasse, per E-Mail-Reservierung an rosh-gmbh@t-online.de, unter Telefon 0171/417 83 76 sowie auf www.ticketmaster.de. Mehr Infos zum Programm auf www.chanson-nette.de.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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