Leben und Werk von Theo Hofschläger
Ausstellung über einen Spandauer Künstler, Lehrer und Bildungsreformer
Die jüngere Spandauer Geschichte ist eigentlich gut erforscht. Trotzdem gibt es noch Lücken. Eine wird zumindest teilweise in der Ausstellung „Anschauungen“ über Theo Hofschläger geschlossen.
Theo Hofschläger (1899-1974) war nach dem Zweiten Weltkrieg von 1949 bis zu seinem Ruhestand 1962 Spandauer Schulrat. Entscheidender waren aber andere biografische Stationen. Der ausgebildete Lehrer unterrichtete von ihrer Gründung im Jahr 1922 bis zu ihrer Schließung durch die Nazis 1933 an der Lebensgemeinschaftsschule Spandau, die sich in der Mittelstraße in der Neustadt befand. Die Lebensgemeinschaftsschule war ein Beispiel für die Reformpädagogik während der Weimarer Republik. Einiges davon ist später Teil der Bildungsreformen in der Bundesrepublik geworden. Dass es einst auch in Spandau Vorläufer gab, außer der Schule in der Neustadt existierte eine weitere in der Konkordiastraße in der Wilhelmstadt, war bisher kaum bekannt und wird erstmals durch die Ausstellung in größerem Rahmen thematisiert.
Theo Hofschläger wirkte nicht nur als Lehrer. Er war außerdem künstlerisch sehr produktiv. Er malte Aquarelle, erstellte Linoldrucke, fertigte Holzschnitzarbeiten. Es gibt Portraits, die ihn sowie Mitglieder seiner Familie zeigen und Reisetagebücher, in denen seine Eindrücke nicht nur schriftlich, sondern auch durch Zeichnungen festgehalten wurden. Gedichte und Geschichten hat er ebenfalls verfasst, wie etwa die vom Fischlein Blizzi aus Tiefwerder, das als Vorlesestoff für seine Enkel diente.
Seine Werke waren eigentlich nicht für die Öffentlichkeit gedacht, sagte Uwe Hofschläger bei der Eröffnung der Ausstellung am 10. Oktober. „Aber ich glaube, über diese Ausstellung hätte er sich gefreut“. Uwe Hofschläger ist der Leiter der Jugendgeschichtswerkstatt Spandau und einer der Enkel von Theo Hofschläger. Zusammen mit seiner Frau Silvia Tauchelt und seinem Bruder Enno Hofschläger hatte er die Idee zu dieser Ausstellung. Das Trio hat sie konzipiert und kuratiert und dabei Hilfe von vielen Familienmitgliedern erhalten. Unterstützung gab es auch vom Stadtgeschichtlichen Museum Spandau. Nicht zuletzt deshalb, weil hier ein Detail der Bezirksgeschichte näher beleuchtet wird.
Die Besucher in der Bastion Kronprinz erfahren jetzt, dass die Gründung der Lebensgemeinschaftsschule unter anderem durch einen Streik von Spandauer Schülern erzwungen wurde. Das Projekt war sozialdemokratisch geprägt. Theo Hofschläger unterstellten die Nazis „sozialistisch-kommunistische Neigungen“ und belegten ihn nach dem Ende der Schule mit einem Berufsverbot. Außerdem sei er „auf du mit seinen Schülern“, zitierte Uwe Hofschläger aus der Entlassungsbegründung für seinen Großvater. In seiner Klasse gebe es „keine Disziplin“. In den Lebensgemeinschaftsschulen herrschte ein anderer Ton und Geist, als in der Zeit zuvor und auch danach in den deutschen Lehranstalten. „Es gab keinen Rohrstock und kein Sitzenbleiben“, referierte der Enkel. Im Mittelpunkt stand die Schulgemeinschaft, das Herausbilden eines Gemeinschaftsgefühls auch durch viele gemeinsame Ausflüge und andere Aktivitäten. Künstlerische Neigungen wurden ebenfalls gefördert.
Das war ganz im Sinne von Theo Hofschläger. Seine eigene Werkschau reicht von seiner Jugend bis in die Jahre vor seinem Tod. Manche Lebensphasen waren besonders produktiv, gerade auch in der Nazizeit, als er sich nach dem Berufsverbot zunächst als Vertreter durchschlug und später im Walzwerk in Strausberg arbeitete. Seine Frau war zeitweise als Plättnerin tätig. Im Ruhestand entstanden unter anderem Aquarelle mit skandinavischen Landschaften. Sie waren das Ergebnis von mehreren Reisen in diese Länder. Und er fertigte Holzschnitzereien speziell für seine Enkel.
Die Exponate steuerten verschiedene Familienmitglieder bei. Sie hängen bei ihnen an den Wänden, lagern in Vitrinen, sind ein Teil ihres Lebens. Gerade was sein Frühwerk betrifft, stammt vieles auch vom Sohn aus der zweiten Ehe seiner ersten Frau. Vor der Hochzeit mit seiner Großmutter 1933 war Theo Hofschläger bereits einmal verheiratet gewesen, erklärte Uwe Hofschläger. Der Sohn aus dieser ersten Ehe habe sich vor einigen Jahren gemeldet. Seither bestehe regelmäßiger Kontakt. In seinem Besitz befand sich manches, was der Familie bis dahin unbekannt war. Dokumente und Aufzeichnungen zur Lebensgemeinschaftsschule konnten wiederum im Archiv des Stadtgeschichtlichen Museums gesichtet werden.
Das alles gehört zur Biografie von Theo Hofschläger, die gleichzeitig auch Zeit- und Bezirksgeschichte ist. Seine zahlreichen Talente hätten sich zwar auf die Nachkommen vererbt, allerdings eher verteilt, erläuterte der Enkel. Einige hätten die künstlerischen Fähigkeiten mitbekommen, was auf ihn nicht zutreffe. Sein Anteil, den er dann auch zu seinem Beruf gemacht habe, sei das Bildungsideal des Großvaters gewesen.
Die Ausstellung „Anschauungen“ ist bis zum 30. März 2025 zu sehen. Die Öffnungszeiten sind Freitag bis Mittwoch, 10 bis 17 Uhr, Donnerstag von 13 bis 20 Uhr. Der Eintritt zur Zitadelle kostet 4,50, ermäßigt 2,50 Euro. Im Begleitprogramm gibt es unter anderem kostenlose Rundgänge an den Familiensonntagen, die nächsten Termine sind am 3. November und am 1. Dezember, jeweils um 15 Uhr. Kinder ab vier Jahren sollen sich von den Werken Theo Hofschlägers inspirieren lassen und danach eigene Ideen umsetzen. Eine ebenfalls kostenlose Führung findet am Donnerstag, 7. November um 15 Uhr statt. Hier wird um Anmeldung bis spätestens zwei Tage vor dem Termin per E-Mail an christina.buech@zitadelle-berlin.de oder unter Telefon 354 94 44 45 gebeten.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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