Auf dem Weg Reichstag
Ein Spaziergang mit dem CDU-Bundestagskandidaten Joe Chialo
Joe Chialo hat inzwischen eine Wohnung in der Altstadt. Dort soll der Spaziergang beginnen. Er wird kreuz und quer durch das Spandauer Zentrum führen.
Mit meist Prominenten durch Kieze wandern ist keine neues Format. Bei Joe Chialo bietet es sich aus zwei Gründen an. Zum einen sind Freilufttermine noch immer die beste Möglichkeit für ein Treffen. Außerdem war Joe Chialo zunächst auf dem Weg, Spandau zu erkunden.
Der 51-jährige Musikmanager wurde überraschend im Herbst 2020 als CDU-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Span-dau/Charlottenburg Nord präsentiert. Er soll Nachfolger des Landesvorsitzenden Kai Wegner werden, der als Spitzenkandidat seiner Partei für die Wahl zum Abgeordnetenhaus antritt. Chialo wollte eigentlich in Mitte antreten. Dort gab es bereits eine Bewerberin. Deshalb wurde ihm Spandau angeboten. Er habe das schnell als gute Lösung angesehen, beteuert er auf dem Weg vom Markt zur Jüdenstaße. Denn ebenso schnell sei ihm das Potenzial dieses Bezirks deutlich geworden. Einen "schlafenden Riesen" hat Joe Chialo Spandau seither immer wieder genannt.
Schon durch seinen Beruf kennt er sich mit markanten Schlagworten aus. Geboren 1970 in Bonn als Kind eines Diplomatenehepaars aus Tansania, machte Joe Chialo Karriere in der Musik- und Entertainmentbranche, ist Executive Vice President bei Universal Music und war Juror für die deutschen Beiträge zum Eurovision Song Contest. Trotz langjähriger CDU-Mitgliedschaft ein Seiteneinsteiger in die Politik. Dass sein fehlender Spandau-Bezug thematisiert werde, wäre erwartbar gewesen, sagt Joe Chialo. Er drehte jedoch kurzerhand den Spieß um, und verwies darauf, dass sich mit einem Blick von außen manches deutlicher erkennen lasse. Spandau sei ein "geiler" Bezirk, mache aber nach seiner Einschätzung zu wenig aus seinen Möglichkeiten. Während der Wanderung fallen ihm dafür einige Beispiele ein.
Spandau müsse sich besser verkaufen
Etwa an der Straße Am Juliusturm. Nicht weit entfernt befinde sich das BMW-Motorradwerk. Die hier gebauten Maschinen seien in der ganzen Welt unterwegs. Wo sie herkommen, wüssten aber die wenigsten. Der Bezirk müsse sich besser verkaufen, auf seine Stärken verweisen, resümiert der 51-Jährige. Mit ihm, so macht er deutlich, gebe es dafür den richtigen Fürsprecher.
In der Nähe des Rathauses geht der Blick auch zu den vielen Bussen, was zum Thema ungelöste Verkehrsprobleme überleitet. Dass in den kommenden Jahren in Spandau viele tausend neue Wohnungen entstehen, aber die öffentliche Verkehrsinfrastruktur nicht Schritt hält, sei ein großes Versäumnis. Mehr Tempo müsse möglich sein. Natürlich weiß Joe Chialo, dass Politik anders funktioniert als die Wirtschaft. Aber gerade deshalb brauche sie Erfahrungen nicht nur aus diesem Bereich.
Und warum ist er in die CDU eingetreten? Joe Chialo schaut zunächst so, als habe er die Frage nicht verstanden. Naja seine Biografie, sein berufliches Tätigkeitsfeld lege ganz klischeehaft nicht unbedingt nahe, dass er sich dort verorten lasse. „Falsche Wahrnehmung“, erklärt der Kandidat. Zum einen gebe es bei der CDU ein großes Interesse an Branchen wie der Kreativwirtschaft. Außerdem stehe er für Werte wie Familie oder das christliche Menschenbild. Auch der Klimaschutz sei ja eigentlich ein konservatives Thema. Und gegen konservativ habe er ebenfalls nichts, sofern das nicht mit belehrend oder bigott verwechselt werde. "Die Bratwurst würde ich keinem verbieten".
Ohne sicheren Listenplatz für den Bundestag
Joe Chialo war inzwischen viel in Spandau unterwegs, hat Kieze, Menschen und Organisation kennengelernt. Noch immer entdeckt er aber Neues oder begeistert sich an dem, was er sieht. Etwa am Lindenufer auf Höhe des Zusammenflusses von Spree und Havel. Von hier aus geht der Blick nicht nur symbolisch in Richtung Berlin-Mitte und den Reichstag.
Um dort einzuziehen, muss Joe Chialo den Wahlkreis direkt gewinnen. Abgesichert auf der Liste ist er nicht. Was er auch nicht angestrebt habe. Es sei Ziel und Herausforderung, auf Sieg zu setzen. "Spandau ist ein typischer Swing-State", benutzt Joe Chialo einen Begriff aus den USA für Bundesstaaten, wo mal die eine und mal die andere Partei gewinnt.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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