Gelebter Dialog der Religionen
Gudrun O'Daniel-Elmen und ihre Arbeit als Beauftragte für Erinnerungskultur
Am 11. Mai sind in Spandau wieder einmal Stolpersteine verlegt worden. Gudrun O'Daniel-Elmen hatte dazu eingeladen und hielt die Gedenkrede. Die Stolpersteine sind ein Projekt, das ihr als Beauftragte für Erinnerungskultur im evangelischen Kirchenkreis Spandau besonders wichtig ist.
Die ehrenamtliche Stelle hat der Kirchenkreis 2018 geschaffen und mit Gudrun O'Daniel-Elmen besetzt. Ihre Aufgabe ist es, die Erinnerung an einstiges jüdisches Leben in Spandau wach zu halten und die von den Nazis vertriebenen oder im Holocaust umgebrachten einstigen Bewohner des Bezirks nicht zu vergessen. Dieses Gedenken wird allgemein von der evangelischen Kirche gepflegt. Eine Besonderheit des Kirchenkreises Spandau aber ist, dass es eine Beauftragte gibt, durch deren Person und Arbeit dieses Anliegen noch einmal herausgestellt wird.
Das Gedenken hat hier eine lange Tradition und habe schon 1988 aus Anlass des 50. Jahrestags der Novemberpogrome 1938 begonnen, rekapituliert Gudrun O'Daniel-Elmen. Es sei vor allem von der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden getragen worden. Die AG spiele auch weiter, gerade im aktuellen Dialog der beiden Religionsgemeinschaften, eine wichtige Rolle. Sie selbst habe sich als langjähriges Mitglied auch darum gekümmert, das vielfältige jüdische Leben von heute durch Begegnungen, Vorträge, Filmvorführungen oder Konzerte bekannt zu machen.
Schwerpunkt ihrer engagierten Arbeit war aber immer die Erinnerungskultur. Durch das Einsetzen als Beauftrage wurde diese Arbeit nochmals intensiviert und es sollten bisherige Erfahrungen nicht verloren gehen. Das Engagement von Gudrun O'Daniel-Elmen in diesem Bereich reicht weit zurück ebenso wie das ihres Ehemanns Jürgen Elmen, der sie bei ihrer Arbeit unterstützt.
Beide sind 2013 mit der Spandauer Bezirksmedaille ausgezeichnet worden. Im Jahr 2019 wurde ihnen die Berliner Ehrennadel für besonderes soziales Engagement verliehen. Beide Würdigungen wurden mit dem sichtbaren Einsatz des Ehepaares gegen das Vergessen begründet.
Ein Beispiel dafür war das 2012 erweitere Mahnmal am Lindenufer unweit des Standorts der ehemaligen Synagoge. Auf einer Mauer finden sich dort seither Namen von Spandauer Opfern des Holocaust.
Ein weiteres Beispiel ist das Stolperstein-Projekt, das federführend von der Jugendgeschichtswerkstatt Spandau organisiert wird. Ohne diese wichtige Einrichtung, betont Gudrun O'Daniel-Elmen, wäre die Erinnerungskultur im Bezirk so nicht möglich.
Durch die Stolpersteine bekommen gerade Jugendliche einen direkten Bezug zur NS-Zeit. Sie sind es häufig, die die Biografien der Opfer recherchieren und sich auf die Suche nach Angehörigen machen. Werden sie gefunden, sei das immer "ein besonderer Glücksfall". Erst recht, wenn die Nachkommen zur Stolpersteinverlegung anreisen und es zum persönlichen Kontakt komme. Die Vergangenheit werde nahbar und greifbar auch für Jugendliche, die aus einer Migrantenfamilie kommen. All das sei prägend für die Heranwachsenden.
In Spandau sei das Gedenken mittlerweile sehr präsent und sichtbar, erklärt Gudrun O'Daniel-Elmen. Vielleicht auch deshalb hat es in den vergangenen Wochen mehrere Übergriffe auf Erinnerungsorte gegeben, zuletzt am 20. Mai in der Feldstraße in Staaken. Der verstärkte Antisemitismus sei aber kein alleiniges Spandauer Problem. Eher gebe es hier den Unterschied, dass solche Attacken nicht schweigend übergangen, sondern bekannt gemacht würden.
Als Hintergrund für ihren Einsatz fehlte bisher noch die Frage nach der eigenen Motivation. Warum ist ihr diese Arbeit so wichtig?
Gudrun O'Daniel-Elmens Antwort ist sehr persönlich. Ihr Vater, Jahrgang 1920, sei Mitglied der NSDAP und insbesondere in der Jugendarbeit der Nazis aktiv gewesen. Sein bester Freund war als Angehöriger der Waffen-SS vermutlich an Mordaktionen in Polen und der Sowjetunion beteiligt. Sie sei 1946 geboren und habe sich schon als Jugendliche intensiv mit der Vergangenheit ihres Vaters auseinandergesetzt.
Kinder und Enkel von NS-Opfern seien bis heute traumatisiert. Aber in gewisser Weise gelte das auch für ihre Generation, die das Trauma der Schuld der Mütter und Väter mit sich herumtrage. Bei ihr sei daraus das Bedürfnis gewachsen, die Erinnerung besonders bei jungen Menschen wachzuhalten.
Und diese Arbeit ist noch lange nicht zu Ende. Ein Projekt, das Gudrun O'Daniel-Elmen ebenfalls schon lange verfolgt, ist das Ausweisen des jüdischen Friedhofs in der Bergstraße als Gedenkort. Auch hier arbeitet sie mit der Jugendgeschichtswerkstatt zusammen. Dass diese Einrichtung mit weiteren, vor allem Personalmittel ausgestattet wird, sei einer ihrer Wünsche für die Zukunft. Außerdem, dass die Erinnerung an jüdisches Leben in Spandau "ganz unabhängig von meiner Person" weiter einen wichtigen Stellenwert einnimmt.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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