Wird der nächste SPD-Genosse abgestraft?
Daniel Buchholz droht seinen Wahlkreis an Stadtrat Stephan Machulik zu verlieren
"Ich danke meiner Abteilung Falkenhagener Feld/Spandau West, die mich nominiert hat, bezirkliche Belange im Land Berlin zu vertreten. And now WK3."
Diesen Tweet setzte Stephan Machulik (48) ab, nachdem seine Kandidatur für das Abgeordnetenhaus bekannt geworden war. Dass der derzeitige SPD-Stadtrat für Jugend, Ordnungsamt und Bürgerdienste ins Landesparlament strebt, war schon länger kein großes Geheimnis mehr. Ziemlich irritiert hat allerdings viele, welchen Weg er dafür einschlägt. Nämlich über den Wahlkreis (WK) 3, der Siemensstadt, Haselhorst, Teile der Wilhelmstadt, Stresow und Tiefwerder umfasst. "Kampfkandidatur gegen Daniel Buchholz?", lautete deshalb der als Frage formulierte Retweet des CDU-Wahlkampfmanagers Thorsten Schatz.
Angriff auf den Platzhirsch
Das ist genau das Brisante an dieser Konstellation. Daniel Buchholz war in diesem Wahlkreis bisher der SPD-Platzhirsch. Er hat ihn vier Mal direkt gewonnen, zuletzt 2016 mit dem zweitbesten Ergebnis aller sozialdemokratischen Direktbewerber in Berlin. Der 52-Jährige stammt aus der Gegend, ist gut vernetzt, gilt als fleißiger und kompetenter Abgeordneter. Trotzdem soll er jetzt abserviert werden.
Endgültig darüber entscheiden wird die Kreisdelegiertenversammlung der SPD, die am 13. Februar stattfinden soll. "Formal läuft alles demokratisch ab. Allerdings wissen seltsamerweise alle schon, wie das Ergebnis ausgehen wird", erklärte Daniel Buchholz. Von dem Verlauf sei er "menschlich enttäuscht".
Entscheidungen zwischen mehreren Bewerbern seien ein demokratischer Prozess, meinte Stephan Machulik. Dass er im Wahlkreis 3 antritt, begründet er damit, dass es dort viele Herausforderungen gebe, die gerade auf Landesebene gelöst werden müssten. Zum Beispiel die Verkehrs- und soziale Infrastruktur angesichts der zahlreichen Neubauvorhaben. Und natürlich habe seine Kandidatur auch nichts mit irgendwelchen Ereignissen vor mehr als drei Jahren zu tun.
Hat Raed Saleh seine Finger im Spiel?
Die sind nach anderer Lesart aber der eigentliche Anlass für den wahrscheinlich erfolgreichen Angriff auf Daniel Buchholz. Sie hängen mit Raed Saleh zusammen. Der SPD-Kreisvorsitzende, Chef der sozialdemokratischen Fraktion im Abgeordnetenhaus und seit kurzem zusammen mit Franziska Giffey auch Lenker der Landespartei scheint an dessen Wiederwahl wenig Interesse zu haben. Als Grund dafür wird ein Brief angeführt, den der Siemensstädter Genosse zusammen mit ungefähr einem Drittel der Fraktionsmitglieder im Herbst 2017 unterschrieben hat. Darin wurde Kritik an der Führung und Kommunikation des Vorsitzenden, also Saleh, geübt. Das Kaltstellen jetzt also eine Retourkutsche für die damalige Unbotmäßigkeit?
Im Fall von Bettina Domer, SPD-Abgeordnete für Hakenfelde und Teile des Falkenhagener Felds, war es ähnlich. Auch sie hat ihren Wahlkreis 2016 direkt gewonnen. Bereits im vergangenen September gab sie den Verzicht auf eine erneute Bewerbung bekannt. Mit einer Nominierung sei nicht mehr zu rechnen, denn sie soll und wurde bereits "abgestraft", formulierte Bettina Domer damals. Auch ihr Name stand 2017 unter dem Brief an Raed Saleh.
Parallele zum Fall Bettina Domer
Zu Bettina Domers bisherigem Wahlkreis gehört zum Teil auch die SPD-Abteilung, der Stephan Machulik vorsteht. So gesehen wäre es doch eigentlich logisch gewesen, er wäre dort seinen Ambitionen auf das Abgeordnetenhaus nachgegangen. Machulik sieht das anders. Zum einen mit Verweis auf die von ihm skizzierten Herausforderungen in Siemensstadt und Umgebung. Zum anderen sei es auch in Hakenfelde/Falkenhagener Feld nicht so, dass sich niemand zur Wahl stelle.
SPD hat noch weitere Baustellen
Und dann gibt es bei der Sozialdemokratie im Bezirk noch weitere Baustellen. Bürgermeister Helmut Kleebank, auf lokaler Ebene der bekannteste Genosse, gibt sein Amt nach zehn Jahren auf und will in den Bundestag. Sein erster Nachfolgekandidat warf nach kurzer Zeit aus persönlichen Gründen das Handtuch. Jetzt tritt mit Carola Brückner eine Bewerberin an, die bisher in Spandau weitgehend unbekannt ist. Und abgesehen davon muss sich die Partei auch noch mit der Finanzaffäre um ihren jetzt Ex-BVV-Fraktionsvorsitzenden Christian Haß auseinandersetzen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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