Zwölf Monate in zwölf Stichworten
Das waren die Höhepunkte im Jahr 2023 in Spandau
Was bleibt in Erinnerung vom Jahr 2023, das auch in Spandau nicht immer einfach war. Dass manches Neue begann, andere Themen weiter auf der Tagesordnung blieben. Zwölf Monate in zwölf Stichworten zwischen Freude und Trauer, Erfolg und Erwartungen.
Ein neuer Bürgermeister. Frank Bewig (CDU) ist seit 29. März Spandauer Rathauschef. Seine Amtsübernahme war das Ergebnis der Wahlwiederholung vom 12. Februar. Die CDU wurde mit 39,5 Prozent klar stärkste Partei im Bezirk. Frank Bewig folgte auf Dr. Carola Brückner (SPD), die im November 2021 erste Spandauer Bürgermeisterin wurde und jetzt Stadträtin für Schule und Sport, Bildung und Kultur sowie Facility Management ist.
Spandau wächst weiter. Auch im abgelaufenen Jahr gab es Zuwachs beim Wohnungsbau oder er entsteht gerade. Zum Beispiel an der Waterkant, wo am 1. November der Grundstein für 624 weitere Wohnungen gelegt wurde.
Der öffentliche Nahverkehr ist weiter ausbaufähig. 2023 wurden aber immerhin einige Weichen für eine langfristige Besserung gestellt. Das Projekt Verlängerung der U-Bahnlinie 7 bis mindestens Heerstraße Nord befindet sich seit November immerhin im Status einer Grundlagen- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Niederschlag fand der gewünschte Weiterbau bereits im Koalitionsvertrag der seit April amtierenden schwarz-roten Landesregierung, auch eine mögliche Verlängerung der Siemensbahn bis Hakenfelde wird dort erwähnt. Zu Wasser soll es ebenfalls schneller vorangehen. Am 8. November gab es den ersten Spatenstich für den Ausbau des Südhafens.
Forcierte Offensive. Die Versorgung mit Schulplätzen ist in Spandau schon jetzt angespannt, für die kommenden Jahre werden weitere Defizite befürchtet. Helfen sollen Neu- und Erweiterungsbauten. An der Goltzstraße wurde am 13. September eine neue Grundschule eröffnet. Knapp 600 Kinder können hier unterrichtet werden. Im Bau ist eine außerdem eine Grundschule am Fehrbelliner Tor, eine weitere soll am Weidenweg in Staaken folgen. Dazu kommen sogenannte MEB (Modulare Ergänzungsbauten), zum Beispiel an der Astrid-Lindgren-Grundschule.
Große Pläne. Ein großes Bauvorhaben im Bezirk ist die Umgestaltung der Altstadt. Nach den Arbeiten am Reformationsplatz folgt als nächste Etappe der Marktplatz. Lange gab es keine zündende Idee, wie er künftig aussehen soll, für die sorgte dann schließlich Sebastian Reschke, im Hauptberuf Mitarbeiter im Fachbereich Tiefbau. Seine „Insellösung“ sieht mehrere Grün- und Spielbereiche auf dem Platz vor. Dort werden auch neue Bäume gepflanzt, stattdessen verschwinden die bisherigen, abgesehen von einer Ausnahme. Durch die neue Anordnung gibt es mehr Raum auf dem Markt, auch für Veranstaltungen. Umgesetzt werden sollen die Pläne ab Anfang 2025.
In der Natur. Die Zauneidechsen auf dem Landschaftsfriedhof Gatow sorgten im März für Aufregung. Der Friedhof muss dringend erweitert werden. Aber nicht zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Eidechsen dort im Winterschlaf eingegraben haben, konterte der Naturschutzbund Nabu und strengte eine Klage an. Durch die Arbeiten wären die Tiere ansonsten vom sicheren Tod bedroht. Der Klage wurde zwar erst im Juli stattgegeben, trotzdem hatte sie schon eine aufschiebende Wirkung. Die Arbeiten gingen langsamer voran, zahlreiche Eidechsen wurden aufgesammelt und umgesiedelt. Die Erweiterung des Friedhofs wird erst im neuen Jahr beendet.
Jubiläum. Staaken wurde am 26. März 750 Jahre alt. Das Jubiläum wurde zwar nicht über Wochen, aber zumindest einige Tage ausgiebig gefeiert. Unter anderem mit einer großen Geburtstagsausstellung, einem Festakt, Führungen und verschiedenen Veranstaltungen. Sogar eine Sonderbriefmarke hatte es aus diesem Anlass gegeben.
Runde Geburtstage, allerdings mit weitaus weniger Jahren versehen, konnten auch zwei Schulen begehen. Die Bertolt-Brecht- und die Heinrich-Böll-Oberschule konnten jeweils in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiern.
Menschen. Mit Kai Wegner (CDU) ist am 27. April zum ersten Mal ein Spandauer zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt worden.
Am 17. Mai ist nach jahrelangen Diskussionen der Elkartweg in Hakenfelde offiziell zum Erna-Koschwitz-Weg geworden. Statt des nationalsozialistischen Schreibtischtäters Karl Elkart wird jetzt die Jugend- und Sozialfürsorgerin Erna Koschwitz (1897-1965) auf diese Weise gewürdigt. Auch deshalb, weil sie einst in der Nähe „ihrer“ Straße gewohnt hatte.
Nach dem ehemaligen Spandauer Bürgermeister Werner Salomon (SPD, 1926-2014) soll ein Teil des Rathausvorplatzes benannt werden. Das hat die BVV bei ihrer Sitzung am 18. Oktober mit großer Mehrheit beschlossen. Umgesetzt werden soll die Namensgebung zeitnah, also wahrscheinlich im kommenden Jahr.
Blaulicht. Am 16. Mai ist auf dem Parkplatz am Waldschluchtpfad ein Mann erschossen worden. Vier Tage später hat die Polizei vier Tatverdächtige festgenommen. Bei zwei von ihnen handelte es sich um Kinder des Ermordeten, 14 und 16 Jahre alt.
In der Grundschule am Beerwinkel hat es am 9. August einen Einbruch und anschließende Brandstiftung gegeben. Es entstand ein Schaden im sechsstelligen Bereich. Zunächst war auch fraglich, ob der Unterricht nach den Sommerferien wieder stattfinden kann. Das war möglich, allerdings mit Provisorien und Einschränkungen.
Am 26. August wurde eine Frau in ihrer Wohnung am Germersheimer Weg tot aufgefunden. Als tatverdächtig galt ihr ehemaliger Lebensgefährte. Der wurde kurz darauf mit dem Auto der Toten in Hessen von der Polizei gestellt und entzog sich einer Festnahme durch Selbstmord.
Am 11. August war eine Seniorin an der Heerstraße Opfer eines Straßenraubs geworden. Dank eines Passanten sowie eines Polizisten, der zufällig dort unterwegs war, konnte der Tatverdächtige schnell geschnappt werden. Nicht mehr aufzufinden war danach aber die Geschädigte. Sie konnte erst, unter anderem nach einer Meldung im Spandauer Volksblatt, ermittelt werden.
Tief in die Geschichte. Im Garten des Musikschulgebäudes an der Moritzstraße hat der Archäologe Torsten Dressler im Sommer Fundamente der alten Moritzkirche entdeckt. Die Kirche war 1920 abgerissen worden, dass sich noch Reste erhalten haben, hat überrascht. Sie könnten auch neue Erkenntnisse zur Spandauer Geschichte im Mittelalter bringen. Und schon jetzt gilt dieser Torso als der vermutlich älteste einer Kirche in Berlin.
Tradition. 1937 wurde an der Ecke Heerstraße und Pichelsdorfer Straße eine Keramikverkehrssäule eingeweiht, die damals vor allem der Tourismuswerbung dienen sollte. 1958 verschwand die Säule, seit 6. November ist sie wieder da. Ihr detailgetreuer Wiederaufbau ist vor allem dem Wilhelmstadt und Pichelsdorf Förderverein zu verdanken, der auch rund 50 000 Euro Spendengelder dafür eingeworben hat.
Friedlicher Besuch? Der traditionelle Spandauer Weihnachtsmarkt hat 2023 zum ersten Mal nach mehrjähriger Pause wieder vollständig in der Altstadt stattgefunden. Auch der Weihnachtstraum-Markt vor dem Rathaus war wieder vertreten, dazu gab es den Weihnachtsrummel „Family Wonderland“ auf dem ehemaligen Postgelände an der Klosterstraße. Wegen Family Wonderland sah sich das Bezirksamt allerdings am 17. November mit einem Protestbesuch konfrontiert. Mehr als 50 Menschen, vor allem Schausteller des Rummels, waren im Büro von Baustadtrat Thorsten Schatz (CDU) aufgetaucht. Sie waren sauer wegen der vom Bezirk angeordneten verkürzten abendlichen Öffnungszeiten an den Wochentagen und haben das wohl auch sehr deutlich ausgedrückt. Vom Stadtrat und seinen Mitarbeitern wurde die Visite eher als Besetzung wahrgenommenen. Danach gab es Anzeigen und Hausverbote.
Gegen den Terror. Der Angriff auf Israel und das Massaker der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober hat auch in Spandau bewegt. Schon deshalb, weil die Partnerstadt Ashdod nur wenige Kilometer vom Gazastreifen entfernt liegt und mehrfach Ziel von Raketenangriffen wurde. Als Zeichen der Anteilnahme wurde die Israel-Flagge vor dem Rathaus gehisst. Am 9. Oktober gab es ein Videotelefonat von Frank Bewig mit dem stellvertretenden Bürgermeister von Ashdod.
Auch die Gedenkfeier anlässlich des 85. Jahrestags der Reichspogromnacht am 10. November dieses Jahres stand nicht nur im Zeichen der Erinnerung an 1938, sondern auch unter dem Eindruck des aktuellen Geschehens. Rund 150 Menschen haben daran teilgenommen. Die Sicherheit Israels sei „unverhandelbar“, sagte der Spandauer Bürgermeister. Auch in Spandau gelte es, sich gegen Antisemitismus zu stellen und unsere Werte zu verteidigen. Eine Mahnung auch über das Jahr 2023 hinaus.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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