Bundestagsabgeordnete schaut sich in Freibädern um
Lange Wunschliste fürs neue Bäderkonzept:
Das tolle Wetter lockt die Besucher scharenweise in die zwei Freibäder. Die stehen wegen technischer Mängel und fehlendem Personal wiederholt in der Kritik. Jetzt hat sich Helin Evrim Sommer (Linke) dort umgeschaut.
Wenn Stefan Kreuder nach Spandau kommt, hagelt es für den Regionalmanager der Berliner Bäder-Betriebe meist Kritik und kalte Duschen. Denn Spandaus Sommerbäder haben in Spandau nicht den besten Ruf. Technische Mängel, geringe Besucherzahlen, fehlende Bademeister und nur wenige Wochen im Jahr geöffnet. Das sind die üblichen Vorwürfe, die Kreuder zu hören bekommt. Neulich war er wieder in Spandau. Die Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer von der Linkspartei hatte sich angemeldet, ganz offiziell. Sie wollte wissen, was sich im Kombibad Spandau Süd und im Familienfreibad Staaken West so tut mit Investitionen, Personal und Ausstattung.
Für den Regionalmanager war es zur Abwechslung mal ein netter Termin. Ohne das gewohnte Gejammer und Gemecker. Das lag sicher auch daran, dass sich Sommer noch nicht so gut auskennt mit den Problemlagen im Bezirk. Denn die Lichtenbergerin vertritt Spandau erst seit letztem Herbst im Bundestag. Nachfragen hatte sie trotzdem und einen frisch gespitzten Bleistift für Notizen. Der war auch nötig, denn die Politikerin bekam eine längere Wunschliste mit.
Im Kombibad hat sich viel getan
Zuerst für das Kombibad Spandau Süd an der Gatower Straße. Dort traf Sommer auf Joachim Köwitsch, den Betriebsleiter der Spandauer Bäder. Köwitsch kennt sich bestens aus, auch weil er in den Bürgersprechstunden der Bäder-Betriebe zuhört. So weiß er, dass sich die Spandauer zum Beispiel ein schöneres Foyer wünschen, eine größere Rutsche und einen Springturm. An Personal fehle es dem Kombibad hingegen nicht, sagte er. Aber er hätte gern eine Reserve von „drei bis vier Bademeistern“ für Urlaube, Krankheitsfälle oder Fortbildungen. Positiv erwähnte der Betriebsleiter die energetische und stromsparende Sanierung des Hallenbades. So wurde die Wärmedämmung von Dach und Fenster verbessert, es gab eine neue Badewassertechnik, neue Filter, Heizung und Lüftung. „Das bemerken die Badegäste in der Regel aber gar nicht“, sagte Köwitsch. Dank dieses Komplettpakets kann das Bad jetzt fast vier Millionen Kilowattstunden Energie und 516 Tonnen CO₂ pro Jahr sparen. Auch die Garderoben, die Fliesen im Schwimmbad und der Beton im Halleninneren wurden saniert. Nur die Sauna konnte zum Ärger vieler Badegäste nicht wieder fit gemacht werden. „Dafür fehlten uns die 400.000 Euro“, sagte Stefan Kreuder.
Nicht mehr als 4,5 Millionen Euro bekommen die Bäder-Betriebe jedes Jahr vom Senat für ihre 62 Bäder und Schwimmhallen in Berlin. Das reicht hinten und vorne nicht, zumal der Investitionsstau inzwischen bei 250 Millionen Euro liegt. Wegen des Geldmangels wurde das Freibad im Kombibad nicht mitsaniert. Dafür müsse aber dringend Geld her, gab Köwitzsch der Bundespolitikerin mit auf den Weg. Und noch etwas merkte der Betriebsleiter an: die zunehmende Aggressivität jugendlicher Badegäste gegenüber Bademeistern und Sicherheitspersonal. Zwei Polizeieinsätze gab es in der letzten Saison im Kombibad.
Kaum Besucher, antiquierte Technik
Spandaus zweites Sommerbad liegt in Staaken West. Dort ist mit den drei Becken zwar alles okay, sagte Stefan Kreuder. Allerdings sei die Technik der Filteranlagen völlig veraltet. Während die 6,5 Millionen Liter Wasser im Kombibad per Knopfdruck gereinigt werden, müssen in Staaken West die Filteranlagen noch per Hand bedient werden. Wann eine neue Technik kommt, konnte Kreuder nicht sagen. Auch nicht, ob die Bäder-Betriebe das Bad wegen der geringen Besucherzahl von nur 7530 Nutzern 2017 wirklich privat verpachten wollen, wie es die Spandauer SPD befürchtet. Abhilfe wären hier längere Öffnungszeiten über die Sommermonate, aber dafür müsste Personal aus anderen Bädern abgezogen werden, so Kreuder. Und das Freibad schon morgens um sieben statt um zehn zu öffnen, wie es Abgeordnete von SPD und CDU fordern, geben die Nutzerzahlen nicht her. „Da hätten wir vielleicht zehn Besucher mehr“, warf Joachim Köwitsch ein. Außerdem müssen die Becken jeden Morgen mit Frischwasser aufgefüllt werden und das dauert seine Zeit. Weil der Bus das abgelegene Sommerbad nur alle halbe Stunde anfährt, hätte Köwitsch gern einen Bus-Shuttle wie am Wannsee. Dann kämen vielleicht auch mehr Leute.
Und das Fazit der Bundestagsabgeordneten? „Hier ist eindeutig die Politik gefordert", sagte Sommer mit Blick auf die chronische Unterfinanzierung. "Die Bäder gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge.“ Die heutige Bestandsaufnahme nehme sie mit für ihre Fraktion im Abgeordnetenhaus. Dort wird gerade über ein neues Bäderkonzept verhandelt, da die Rot-Rot-Grüne-Regierungskoalition den Senat über einen Parlamentsantrag aufgefordert hatte, das alte „Berliner Bäderkonzept 2025“ zu überarbeiten.
Helin Evrim Sommer sitzt seit Oktober 2017 für die Partei Die Linke im Bundestag. Die 47-Jährige ist unter anderem entwicklungspolitische Sprecherin und parlamentarische Geschäftsführerin ihrer Fraktion. Sommer stammt aus einer kurdisch-alevitischen Familie, kam 1980 in die Havelstadt und hat Geschichts- und Genderwissenschaften studiert. Sie lebt heute mit ihrer Familie in Lichtenberg, wo sie 2016 für das Amt der Bürgermeisterin kandidiert hatte. Ihre Bewerbung zog sie damals jedoch wegen parteiinterner Kritik an ihrem Lebenslauf wieder zurück. Seit letzten Herbst ist Sommer Mitglied im Spandauer Bezirksverband der Linken. Im Juni eröffnete sie an der Reisstraße 21 in Siemensstadt ihr Wahlkreisbüro.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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