Paukenschlag bei den Spandauer Grünen: Basis wählt Fraktion ab
Spandau. Grüne Fraktionschefin Ritva Harju hat sich nach zehn Jahren von den Bezirksverordneten verabschiedet. Die „alte“ GAL wird zur Wahl am 18. September nicht mehr antreten. Die Basis hat sie fast komplett abgewählt.
Ritva Harju wirkt ein wenig angestrengt, als sie vor das Mikro tritt. Es wird ein emotionaler Abschied. Anfangs gibt sich die Fraktionschefin der GAL noch milde. Doch dann setzt es ein verbales Donnerwetter. Viele hämische, ja unterirdische Kommentare habe sie über die GAL lesen müssen. „Und ich rechne damit, auch heute wird wieder der Kübel über uns ausgeschüttet.“ Dann sagt sie trotzig. „Keine unbequemen Fragen mehr hören zu müssen, das wird sicher viele freuen.“ Dabei sei es der Fraktion immer nur um die Sache gegangen. „Nicht wie bei einigen Selbstdarstellern hier.“ Namen nennt Ritva Harju nicht. Aber jeder weiß, sie meint die CDU. Die reagiert mit ungläubigem Kopfschütteln. So haben sich die Bezirksverordneten den Abgang der GAL wohl nicht vorgestellt.
Es ist das letzte Mal, dass die Fraktionschefin vor den Bezirksverordneten spricht. Denn wenn die Spandauer am 18. September auf ihren Wahlzettel schauen, werden sie die „alte“ GAL-Fraktion vermissen. Für Ritva Harju, Sieglinde Müller, Franz-Josef-Beyer und Brigitte Apel-Sielemann ist Schluss. Auf der Kandidaten-Liste des Kreisverbandes Spandau von Bündnis 90/Die Grünen für die Wahl der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sind sie nicht mehr vertreten. Einzig Christoph Sonnenberg-Westeson bekam bei der Kreiswahlversammlung der Grünen am 9. und 10. Juli die nötige Mehrheit der Basis für Listenplatz 2. Ansonsten gehen die Grünen mit einer komplett neuen Truppe in die BVV-Wahl. Elmas Wieczorek besetzt Platz eins. Die Spandauerin bekam vier Stimmen mehr als ihre Gegenkandidatin Ritva Harju. Eine knappe Niederlage für Harju, die immerhin zehn Jahre in der BVV saß. Bis Listenplatz zehn folgen die Direktkandidaten Gollaleh Ahmadi, Oliver Gellert, Doris Christ, Sebastian Sperlich, Britta Byszio, Rudolf Königer, Ramona Mauritz und Konrad Hickel.
Die Abstimmung ist das Ergebnis und das Ende eines jahrelangen Konflikts zwischen der Alternativen Liste/Grüne Spandau (AL) und der oppositionellen „Grüne Perspektive Spandau“ (GPS) innerhalb des Kreisverbandes. Zwar sei der personelle Wechsel radikal, sagt Kreisverbandschefin Susanne Zissel. „Ich traue dem neuen Team aber eine sachlich gute Arbeit in der künftigen BVV zu.“ Mit Elmas Wieczorek und Golaleh Ahmadi seien zwei im Bezirk sehr gut vernetzte, starke und engagierte Frauen auf die vorderen Listenplätze gewählt worden. Zissel: „Sie werden sich auf Bezirksebene insbesondere für grüne Konzepte in der Integrations- und Bildungspolitik stark machen.“
Ritva Harju sieht das Wahlergebnis dagegen als „Katastrophe für Spandau“. Den „Neuen“ mangele es an klaren politischen Inhalten, die bei einer starken SPD und CDU in der BVV bitter nötig seien. „Die neue GAL-Fraktion steht für mich auf verlorenem Posten. Denn mit uns gehen jahrelange politische Arbeit und Erfahrung verloren.“ Auch Christoph Sonnenberg-Westeson bedauert den Verlust von „viel Kompetenz und Herzblut“. Andererseits seien die Neuen motiviert und damit eine Chance für die Grünen.
Seine Wahlvorschläge – auch für das Abgeordnetenhaus – hat der Kreisverband noch knapp vor dem Fristende beim Bezirkswahlamt eingereicht. Denn die Grünen hatten lange auf das Urteil ihres Parteienschiedsgericht warten müssen. Wie berichtet hatte das Gericht erst am 19. Juni den neu gewählten Vorstand weitestgehend im Amt bestätigt. Die AL hatte dessen umstrittene Wahl am 7. Februar angefochten. Einzig Bodo Byszio musste wegen eines Formfehlers nachgewählt werden. Er hatte auf der Kreiswahlversammlung am 10. Juli keinen Gegenkandidaten. Zum Zeitpunkt seiner Wahl waren fast alle ALer aus Protest gegangen. uk
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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