Interview mit Bürgermeister Frank Bewig
"Wir stehen vor zahlreichen Herausforderungen"
Eines war 2024 nicht, nämlich langweilig. Auch nicht für Bürgermeister Frank Bewig (CDU). Im Gespräch mit dem Spandauer Volksblatt erinnert er an wichtige Entscheidungen, geplante Veränderungen und was er für Spandau von 2025 erwartet.
Herr Bewig, wie sieht Ihr Rückblick auf das Jahr 2024 aus? Persönlich und für den Bezirk?
Frank Bewig: Für mich persönlich war es ein tolles Jahr. Es macht Spaß und ist eine große Ehre, Bürgermeister von Spandau zu sein. Vor allem auch, weil ich in diesem Amt noch mehr als früher in meinen Funktionen als Stadtrat mit vielen und unterschiedlichen Menschen in Kontakt komme. Mit Künstlern, Gruppen, Organisationen, Bürgerinnen und Bürgern. Sie alle stehen für die große Vielfalt unseres Bezirks. Was Spandau insgesamt betrifft, war 2024 ein Jahr des Wandels. Wir stehen vor zahlreichen Herausforderungen, auch die Identifikation verändert sich. Ich sehe aber auch ein großes Gemeinschaftsgefühl.
Stichwort Herausforderungen. Was waren die größten im abgelaufenen Jahr?
Frank Bewig: An erster Stelle würde ich die Rettung des Galeria Karstadt-Kaufhauses in der Carl-Schurz-Straße nennen. Dass das gelungen ist, dazu haben viele Beteiligte beigetragen. Ich glaube, der große Einsatz hat am Ende auch imponiert und dafür gesorgt, dass der Standort bleibt. Für uns ist Galeria ein wichtiger Anker in der Altstadt, auch im Hinblick auf die Umgestaltung, die dort vorgesehen ist.
Ein großes Problem waren die Zustände im Münsinger Park. Als Bezirk sind wir dort auch schon lange tätig, nur sind unsere Möglichkeiten beim Kampf gegen Drogenhandel und insgesamt gegen die Kriminalität begrenzt. Wir haben hier klare Forderungen, etwa eine Messerverbotszone oder nicht anlassbezogene Kontrollen. Das umzusetzen, ist aber vor allem Sache der Landesebene.
Eine weitere Herausforderung war und ist der Kampf gegen häusliche Gewalt. Wir haben in ziemlich kurzer Zeit erreicht, dass im Frauenzentrum Eulalia Eigensinn eine Fachberatungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt eingerichtet werden konnte und am 21. November eröffnet wurde.
Und es ging auch 2024 um das Thema Verkehr. Spandau leistet mit großen Wohnungsbauvorhaben, von denen weitere in diesem Jahr begonnen oder eingeweiht wurden, einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumversorgung in Berlin. Was in diesem Zusammenhang lange vernachlässigt wurde ist das Thema Mobilität. Das hat sich zwar inzwischen etwas geändert, aber es wird noch dauern bis vor allem der öffentliche Nahverkehr bedarfsgerecht ausgebaut ist.
Es braucht auch weitere Investitionen in soziale Infrastruktur, vor allem in den Neubau und Sanierung von Schulen. Auch hier hat es 2024 einige Einweihungen von Erweiterungsbauten oder das Richtfest für die neue Grundschule am Fehrbelliner Tor gegeben. Es werden aber noch weitere Schulbauten benötigt.
Was hat Sie besonders erfreut oder bewegt?
Frank Bewig: Berührt hat mich meine Reise in unsere israelische Partnerstadt Ashdod im Mai. Dort und auch beim Gegenbesuch meines Amtskollegen mit einer Delegation im September haben wir vereinbart, dass wir den Austausch intensivieren, mehr Begegnungen ermöglichen, wenn die Lage das zulässt. In Israel ist der Einschnitt des 7. Oktober 2023 überall spürbar. Vielleicht können wir uns hier nicht immer vorstellen, was der Terrorangriff der Hamas für das Land bedeutet hat. Und bei aller auch legitimer Kritik an Israel muss klar sein, es braucht eine klare Haltung gegen Antisemitismus und Gewalt gegen jüdische Menschen und Einrichtungen. Wir sind damit in Spandau zwar nicht so konfrontiert wie andere Bezirke. Aber auch bei uns hat es Vorfälle gegeben.
Gefreut habe ich mich über die Erfolge von Eintracht Spandau. Sie sind auch eine Visitenkarte für den Bezirk. Ich war selbst teilweise vor Ort und habe dadurch einen Zugang zu den meist jüngeren E-Sport-Fans bekommen, den ich als Politiker so zuvor nicht hatte.
Auch dass die Fahne wieder auf dem Rathausturm weht war ein freudiges Ereignis, das ebenfalls zur Identifikation mit unserem Bezirk beiträgt.
Berlin ist gerade finanziell in einer schwierigen Lage. Im Haushalt 2025 wurden drei Milliarden Euro eingespart. Wie wirkt sich das auf Spandau aus?
Frank Bewig: Alle Details erfahren auch wir erst nach und nach, wenn in den jeweiligen Senatsverwaltungen entschieden ist, wo und wie die Sparvorgaben umgesetzt werden. Es wird auch bei uns Einschränkungen geben, ein Beispiel habe ich mit den erwartet weniger Zuwendungen für den Integrationsfonds bereits in der BVV genannt.
Gleichzeitig möchte ich aber etwas anderes herausstellen. Es hat, anderes als in früheren Sparrunden, keine Kürzungen im Haushalt der Bezirke gegeben. Das hätte uns wirklich vor riesige Probleme gestellt. Wir haben als Spandau, ebenso wie andere Bezirke, dafür gekämpft, dass sich an unseren Etats nichts ändert. Da gab es auch Einsicht beim Regierenden Bürgermeister und beim Finanzsenator.
Klar ist außerdem. Es wird im kommenden Jahr, wenn der Doppelhaushalt 2026/27 aufgestellt wird, zu weiteren Einsparungen kommen.
Damit sind wir auch schon beim Ausblick auf 2025. Was wird im kommenden Jahr wichtig?
Frank Bewig: Neben dem Thema Haushalt auch weitere Veränderungen in unserer Bezirksverwaltung zu einem modernen und attraktiven Arbeitgeber. Dazu gehört beispielsweise, dass wir mehr Homeoffice ermöglichen. Im Gegenzug hat nicht mehr jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter einen eigenen Schreibtisch im Amt. Wir müssen schon deshalb mit dem vorhandenen Immobilienbestand effektiv umgehen, weil Neuanmietungen vom Senat genehmigt werden müssen. Auch die von der Landesebene forcierte Verwaltungsreform wird im kommenden Jahr weiter Thema sein. Wir haben als Spandau nichts dagegen, wenn dabei am Ende eine klarere Zuordnung von Verantwortlichkeiten steht. Die allerdings konkret auszuhandeln, betrifft viele Details.
Was wünschen Sie sich für 2025 - für Spandau und für sich persönlich?
Frank Bewig: Für Spandau wünsche ich mir weniger Gewalt im Bezirk. Dass mit dem öffentlichen Raum achtsam umgegangen, etwa Müll nicht einfach weggeworfen wird. Ich wünsche mir ein friedliches Zusammenleben aller Menschen und Kulturen, die gemeinsam die Spandauer Identität ausmachen. Ich wünsche mir auch ein Eintreten für unsere Demokratie, ein Gegenhalten, wenn sie verächtlich gemacht wird. Eine Kommunikation untereinander und miteinander, die ich auch selbst praktiziere.
Persönlich wünsche ich mir trotz vieler Ereignisse und Verpflichtungen Zeit für meine Familie. Und Gesundheit.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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