"Wir wollen nach vorne schauen": Interview mit Susanne Zissel und Bodo Byszio
Spandau. Spandaus Grüne stehen vor einem Neubeginn. Der alte Bezirksvorstand der Grünen Alternativen Liste (AL) wurde abgewählt – nicht ohne Protest. Der linksalternative Spandauer Sonderweg scheint damit beendet. Volksblatt-Reporterin Ulrike Kiefert sprach mit der neuen Kreisvorsitzenden Susanne Zissel und ihrem Stellvertreter Bodo Byszio.
Die Grünen haben ihre Führungsspitze im Kreisverband komplett ausgetauscht. Wird damit auch die grüne Politik im Bezirk eine andere?
Susanne Zissel: Nein. Natur, Umwelt, Verkehr und Soziales bleiben unsere Schwerpunktthemen. Daran wird sich nichts ändern. Zumal es innerhalb des Kreisverbandes ja auch nie Streit über Inhalte gab. Wir wollen aber moderner und transparenter werden. Jedes Mitglied soll die Chance haben, das Parteileben aktiv mitzubestimmen. Deshalb haben wir als Vorstand gleich nach unserer Wahl thematische E-Mail-Verteiler eingeführt und damit begonnen, alle Sitzungsprotokolle zu digitalisieren. Die jahrelange Praxis, handschriftlich in Bücher zu schreiben, die nur auf Anfrage in der Kreisgeschäftsstelle nachlesbar waren, haben wir beendet. Und unsere Geschäftsstelle hat wieder regelmäßige Öffnungszeiten.
Die Jugend ist unser Kapital
Welche Themen sind für Sie persönlich von großer Wichtigkeit?
Susanne Zissel: Als Jugendstaatsanwältin sind es vor allem die Jugendlichen, für die wir mehr tun müssen. Spandau hat viele arme Familien. Auch deshalb brauchen wir mehr und besser ausgestattete Jugendfreizeiteinrichtungen im Bezirk. Ich weiß, das ist schwer finanzierbar. Auch gut ausgebildetes Personal ist nicht leicht zu finden. Aber die Jugend ist unser Kapital.
Der Kreisverband hat intern jahrelang um Kompetenzen gestritten. Auch mit dem Landesverband lag er im Clinch. Ist der Streit jetzt beendet?
Susanne Zissel: Wir wollen nach vorne schauen, nicht zurück. Streit lenkt nur von wichtigen Themen ab und verhindert Politik vor Ort. Außerdem haben die Streitereien zwischen der AL und dem Landesverband mit uns nichts zu tun. Wir hoffen aber natürlich, dass das Vertrauen in den Kreisverband mit dem personellen Wechsel in der Führungsspitze jetzt wiederhergestellt ist.
Der Streit dürfte aber ganz schön genervt haben. Sind viele Mitglieder ausgetreten?
Bodo Byszio: Nein, seit der Wahl des neuen Vorstandes im Februar hatten wir genau zwei Austritte aus dem Kreisverband. 134 Mitglieder haben wir aktuell und damit zwölf Prozent mehr als in den Vorjahren.
Das Ziel: Den Beinamen streichen
Nur in Spandau heißen die Grünen bis heute „Bündnis 90/Die Grünen AL“. Wird sich der Name jetzt ändern?
Bodo Byszio: Der Name ist per Satzung festgelegt. Langfristiges Ziel ist aber, den Beinamen „Alternative Liste“ (AL) zu streichen. Wir sind Bündnis 90/Die Grünen und so sollten wir auch heißen. Auch die meisten anderen Kreisverbände nennen sich so. Über die Namensänderung wird aber die Basis entscheiden.
Der Landesverband hatte den Spandauern nach einer scharfen Rüge des Bundesschatzmeisters die Finanzhoheit entzogen. Ist der Kreisverband überhaupt arbeitsfähig?
Bodo Byszio: Als Finanzverantwortlicher kann ich das bejahen. Alles, was mit Finanzen zu tun hat, stimmen wir eng mit dem Landesverband ab. Ausgaben werden beantragt und die bekommen wir auch genehmigt. Also ja, wir sind arbeitsfähig. Und wir rechnen damit, bis Ende dieses Jahres die Finanzhoheit zurückzubekommen.
Wagen Sie eine Prognose für die BVV-Wahl am 18. September?
Susanne Zissel: Von Prognosen halte ich nicht viel. Es wird sich zeigen, wie viel Prozente wir Grünen bekommen.
Werden die Grünen die Zählgemeinschaft mit der SPD fortsetzen?
Susanne Zissel: Nun, wir sind offenbar für viele Parteien interessant, auch für die CDU. Mehr inhaltliche Schnittmengen haben wir aber mit der SPD. Eine Zählgemeinschaft mit der CDU kann ich mir also eher nicht vorstellen. Andererseits ist nicht alles in Stein gemeißelt.
Was sagen Sie dem Spandauer, der keine Lust auf Politik hat?
Bodo Byszio: Grundsätzlich verstehe ich, dass viele Menschen Politik verdrossen sind. Weil sie glauben, dass ihre Stimme eh nichts bewirkt. Was wir diesen Menschen sagen können, ist, bringt euch ein, engagiert euch. Das muss nicht in einer Partei sein. Es gibt auch viele lokale Initiativen, Nachbarschaftsvereine und ähnliches. Es geht um die Gemeinschaft, in die man sich einbringen sollte, wenn man etwas ändern oder verbessern will.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.