16 Praktika und sechs Jobs stehen in der ersten Bilanz des Projekts
Seit 1998 gibt es das Netzwerk Regionale Ausbildungsverbünde Berlin. Kleine und mittlere Unternehmen kooperieren vor Ort mit Verwaltungen und Bildungsträgern. Sie tauschen Informationen aus, unterstützen sich, wenn zum Beispiel Firmen nicht alle Tätigkeiten eines Ausbildungsberufs selbst anbieten können, und gehen auch neue Wege bei der Suche nach geeignetem Nachwuchs. In der Havelstadt startete unter dem Dach des Regionalen Ausbildungsverbundes Spandau im Februar das Projekt "Starke Betriebe - starke Auszubildende". Es wird bis Jahresende mit knapp 10 000 Euro aus dem Programm "Lokales Soziales Kapital" der Europäischen Union gefördert. Auf Initiative der Vorsitzenden der Vereinigung Wirtschaftshof Spandau, Gabriele Fliegel, fanden sich neben des Wirtschaftshofes und des Regionalen Ausbildungsverbundes dafür auch der Bildungsträger "Sozial-Kulturelle Netzwerke casa" zusammen.
Mitarbeiter von "casa" gehen seither in Schulen und versuchen mit den Schülern herauszufinden, wo deren individuellen Stärken liegen. Die jungen Leute werden dazu angeregt, sich mit zum Teil wenig bekannten Berufsbildern zu befassen. In Praktika lernen sie diese dann kennen. Die Unternehmen wiederum tauschen sich in Workshops über Probleme aus, um zum Beispiel im Vorfeld das Risiko zu minimieren, dass eine Ausbildung abgebrochen wird. "Wir haben Kontakt zu 20 Firmen, konnten 16 Praktika vermitteln, aus denen wiederum sechs Ausbildungsverhältnisse wurden", zieht Patricia Schmihing, die für das SOS-Berufsausbildungszentrum Berlin Koordinatorin des Regionalen Ausbildungsverbundes Spandau ist, eine erste Bilanz.
Einer, dem das Projekt geholfen hat, ist der Spandauer Julian Nobis. Der 17-Jährige hat in diesem Jahr an der Bertolt-Brecht-Gesamtschule seinen Mittleren Schulabschluss gemacht. Schon beim Betriebspraktikum, das er in der neunten Klasse bei Siemens absolvierte, war ihm klar, dass er beruflich in den Bereich Metallverarbeitung gehen wird. Doch auf das Praktikum bei dem Spandauer Weltunternehmen folgte keine Ausbildung: "Die hatten wohl zu viele Bewerber", sagt er. Bei anderen Unternehmen standen aufwendige Tests an, deren Sinn sich Nobis nicht unbedingt erschloss. Als er in der Bertolt-Brecht-Schule auf die Casa-Leute stieß, machten sie ihn auf den Beruf des Schneidwerkzeugmechanikers aufmerksam. Und sie kannten auch eine entsprechende Firma: "Werkzeugschleiferei M & R" in Pankow. Julian Nobis bewarb sich auf ein freiwilliges Praktikum mit Unterlagen wie auf eine Lehrstelle. Die Schule stellte ihn für das Praktikum frei.
So wie sich Nobis von dem Beruf überzeugte, überzeugte er auch seine künftigen Ausbilder. Seit dem 2. September hat er dort einen Ausbildungsplatz. Dreieinhalb Jahre wird er lernen, wie Schneidwerkzeuge jeglicher Art hergestellt werden. Die Berufsschule wird er in Blockzeiten in Bayern besuchen, der Beruf ist so selten, dass es in Berlin dafür keine Schule gibt. Seine Arbeitgeber haben jedenfalls im Rahmen des Projekts "Starke Betriebe - starke Auszubildende" eine von Nobis Stärken erkannt, die andere Unternehmen mit ihren Tests übersahen, und die der frisch gebackene Auszubildende in diese Worte fasst: "Mathematik ist nicht gerade mein Hassfach."
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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