Nur ein Pikser: Gesundheitsamt richtet Impfstätten für Flüchtlinge ein
Spandau. Nur wenige Flüchtlinge sind geimpft. Darum hat das Gesundheitsamt jetzt Impfstätten in zwei Erstaufnahmen eingerichtet. So sollen ansteckende Infektionskrankheiten verhütet werden.
Zwei Pikser reichen und Juan ist gegen sieben Infektionskrankheiten geimpft. Eine Spritze schützt ihn vor Tetanus, Keuchhusten, Diphtherie und Kinderlähmung, die zweite vor Masern, Mumps und Röteln. Juan ist 28 Jahre alt und lebt seit vier Monaten in der Erstaufnahmeeinrichtung an der Motardstraße. Wie viele Flüchtlinge kommt der Syrer aus einem Land, in dem das Gesundheitssystem durch Krieg kaum noch funktioniert. Die Folge: Nur wenige Flüchtlinge sind geimpft.
Ein ausreichender Schutz zum Beispiel vor Masern, Röteln und Windpocken aber sei dringend erforderlich, sagt Gesundheitsstadtrat Frank Bewig (CDU). Das hätte die Häufung von Infektionskrankheiten in den Flüchtlingseinrichtungen und nachfolgend in der Bevölkerung in den letzten zwei Jahren deutlich gemacht. Das Gesundheitsamt Spandau hat darum jetzt in den Erstaufnahmeeinrichtungen Motardstraße und am Waldschluchtpfad Impfstätten eingerichtet. Dort erhält jeder neu angekommene Flüchtling freiwillig einen umfassenden Impfschutz. Zunächst ist ein Impfteam im Einsatz, das zwischen den Standorten wechselt und Sprechstunden anbietet. Auch die Bewohner der Unterkünfte am Rohrdamm, im Askanierring und an der Staakener Straße werden von den neuen Impfstätten versorgt. Ein Impfteam besteht aus einem Arzt, einer Arzthelferin und einer Verwaltungskraft.
Juan aus der Motardstraße gehört zu den ersten rund 200 Flüchtlingen, die Ärztin Gudrun Widders und ihre Mitarbeiterinnen impfen konnten. Weitere Teams, auch mobile, sind geplant. „Dafür haben wir Kontakt zu niedergelassenen Ärzten aufgenommen“, informiert Gudrun Widders, die auch Leiterin des Gesundheitsamts ist. Fünf hätten sich schon bereiterklärt.
Mit diesem extensiven Impfangebot gehört Spandau zu den Vorreitern in Berlin. Nicht ohne Grund, denn momentan leben 1822 Flüchtlinge in den fünf Unterkünften im Bezirk. Drei davon sind Erstaufnahmestellen. Damit hat Spandau 63 Prozent aller Berliner Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen. Regulär bleiben die Flüchtlinge zwischen sechs Wochen und drei Monaten dort, bevor sie in eine Gemeinschaftsunterkunft umziehen. So kommen im Jahr mehrere Tausend Menschen in Spandau an, die auch gesundheitlich versorgt werden müssen.
Zwar bekommen Asylbewerber den sogenannten grünen Behandlungsschein, mit dem sie kostenfrei zum Arzt gehen und sich gegen verhütbare Krankheiten impfen lassen können. Doch das tun die meisten nicht. Was verständlich ist, denn nach ihrer Ankunft haben sie andere Sorgen. Darum gibt es nun die Impfstätten vor Ort. „Sie garantieren eine hohe Durchimpfungsrate in den Unterkünften. Das schützt die Spandauer Bevölkerung und die Flüchtlinge“, sagt Stadtrat Bewig.
Um das Angebot bekannt zu machen, hat das Gesundheitsamt Flyer in 15 Sprachen drucken lassen. Die Träger der Unterkünfte helfen mit Räumen und Reinigung. Die Impfstoffe bestellt das Gesundheitsamt direkt bei den Herstellern. Die geschätzten Gesamtkosten in Höhe von etwa 280.000 Euro kommen zunächst aus dem Bezirksbudget. Das Bezirksamt hofft aber, die Mittel vom Senat erstattet zu bekommen. uk
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.