Über den Verlust sprechen lernen
Seit 17 Jahren begleitet Christine Knop vom Johannes-Hospiz Kinder in der Trauerphase
Wenn ein Kind Vater oder Mutter verliert, ist das ein großes emotionales Trauma, das alleine kaum zu bewältigen ist. Umso wichtiger werden in der Trauerphase Hilfe und Begleitung – auch außerhalb der Familie.
„Es war eine Mutter, die mich vor Jahren darauf aufmerksam machte, dass es zu der Zeit in Berlin kaum professionelle Angebote zur Kindertrauerbegleitung gab“, erinnert sich Christine Knop. Für die Koordinatorin für Sterbebegleitung im Spandauer Johannes-Hospiz war der Hinweis Anlass genug, 2005 eine Kindertrauergruppe zu gründen.
Zuvor hatte die gelernte Physiotherapeutin bereits einige Jahre ehrenamtlich in der Palliativversorgung des Hospizes gearbeitet und Erfahrungen in der Sterbebegleitung von Erwachsenen gesammelt. Die Arbeit mit den Kindern änderte einiges und brachte Christine Knop dazu, sich in der Kinder- und Jugendtrauerbegleitung weiterzubilden. Nun betreuen sie und eine Kollegin bis zu zehn Jungen und Mädchen, die ein Elternteil oder Geschwister verloren haben oder kurz davor stehen.
„Die Kinder in unserer Gruppe sind zwischen vier und zwölf, überwiegend sieben bis acht Jahre alt“, erklärt Christine Knop. „Je älter sie sind, desto mehr sind sie sich natürlich der Endlichkeit des Lebens bewusst.“ Die Betreuung findet in engem Austausch mit dem verbliebenen Elternteil sowie auch mit Kinderärzten und der jeweiligen Kita oder Schule des Kindes statt. Sie reicht in der Regel von mehreren Monaten bis hin zu zehn Jahren und erfolgt in mehreren Schritten. „Der erste Schritt ist immer ein vorsichtiges Herantasten in Form eines Einzelgesprächs“, sagt Christine Knop. Häufig stünden die Kinder dann noch unter Schock, seien oftmals kaum oder gar nicht sprachfähig. „Hier ist Geduld gefragt“, so Knop. „Wir arbeiten deshalb zum Beispiel mit einer Art Verkehrsschilder, die die Kinder nur hochhalten und mit denen sie uns zeigen, was sie sagen wollen.“
Reflektieren und verarbeiten
Im zweiten Schritt treffen sich die Kinder einmal die Woche mit einer bestehenden Gruppe von Kindern, die ihr Schicksal teilen und auch schon jemanden verloren haben. Diese Kinder, so Knop, gingen mit den Neuankömmlingen in der Regel höchst empfindsam um. Dies und der Umstand der gemeinsamen Verlusterfahrung führen bei den Kindern dazu, dass sie über das Geschehene reden, es reflektieren und so besser verarbeiten.
Neben Gesprächen helfen auch Spiele oder Bastelstunden bei der Trauerbewältigung. „Oft verreisen wir auch ein oder mehrere Tage mit den Kindern, denn in einer neuen Umgebung mit der Gruppe stellt sich leichter auch wieder eine gewisse Unbeschwertheit ein.“ Diese mache laut Knop auch den Unterschied zur Trauer von Erwachsenen aus. „Kinder fragen nicht, ob sie in der Trauer schon lachen dürfen, sie tun es einfach. Gleichzeitig liegen diese Phasen der Unbeschwertheit und das Zurückfallen in tiefe Trauer bei Kindern sehr eng beieinander“, sagt Christine Knop. Kompliziert werde es, wenn Kinder in dieser Phase beginnen, ihre Trauer bewusst zu unterdrücken und für andere stark sein zu wollen. „Das ist oft bei Mädchen der Fall, die ihre Mutter verloren haben. Sie schlüpfen in die Erwachsenenrolle, wollen zum Beispiel für den Vater kochen oder sich verstärkt um die Geschwister kümmern. Das aber ist dann eher ein Fall für den Kinderpsychologen. Denn Kinder dürfen auch in der Trauer nicht vergessen, dass sie noch Kinder sind!“
Vermittelt wird die Kindertrauerbegleitung auf Anfrage oder über die rund 40 Ehrenamtlichen, die im Johannes-Hospiz in der Sterbebegleitung arbeiten. Dieses Team sucht übrigens noch freiwillige Mitstreiter. Im März starten dort die neuen Schulungskurse zur Sterbebegleitung.
Informationen dazu gibt es im Internet auf johannes-hospiz-berlin.de/ehrenamt oder telefonisch unter Tel. 33 60 93 74.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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