Tiefer graben in die Geschichte
Birgt die entdeckte Moritzkirche noch weitere Geheimnisse?
Im Juni wurden im Garten des Musikschulgebäudes an der Moritzstraße Teile der Moritzkirche ausgegraben (wir berichteten). Der Fund war spektakulär, weil es sich dabei wohl um Reste der bisher ältesten bekannten Kirche Berlins handelt.
Nach seiner Entdeckung bekam der Archäologe Torsten Dressler fünf Wochen Zeit für weitere Grabungen. Danach sollte das Fundament zugeschüttet werden. Inzwischen gibt es aber weitere Untersuchungen. Sie könnten auch neue Erkenntnisse zur Spandauer Stadthistorie bringen. Nach Angaben des Bezirksamts werden die aktuellen Forschungen bis ungefähr Ende Oktober dauern. Die Kosten betragen rund 60 000 Euro und werden von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gefördert.
Das Hauptaugenmerk liege auf der freigelegten Sakristei und möglichen Funden unterhalb der Kirche. Die Archäologen erhofften sich davon Informationen über möglicherweise dort bestattete Personen. Nicht nur solche Ergebnisse würden auch einiges über das Leben in Spandau vor mehr als 800 Jahren aussagen. Die Moritzkirche ist nach bisherigem Forschungsstand vermutlich in den letzten Jahren des 12. Jahrhunderts errichtet worden. Ungefähr auf dieselbe Zeit, nämlich 1197, datiert die bisher älteste urkundliche Erwähnung Spandaus. Möglicherweise lässt sich durch neue Funde der Bau des Gotteshauses noch exakter bestimmen. Je weiter er zurückreicht, umso deutlicher wird dann auch, dass Spandau schon früher existierte, als bisher durch Dokumente bekannt ist. Und älter als dieser Torso ist vermutlich keine bisher in Berlin bekannte Kirche.
Die Moritzkirche wurde 1920 abgerissen. Schon mehr als 100 Jahre zuvor diente sie nicht mehr ihrem eigentlichen Zweck, sondern war Kaserne, Materiallager, Wohnort. Sie geriet nach ihrem Verschwinden in Vergessenheit, auch wenn zumindest Fachleuten ihre Existenz immer bewusst war. Allerdings gingen auch sie nicht unbedingt davon aus, dass sich noch Reste im Boden befinden.
Dass sie entdeckt wurden, bezeichnete Bürgermeister Frank Bewig (CDU) als "Sensation". Der Bezirk prüfe, den Fund nach den Grabungen durch ein "archäologisches Fenster" dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen, erklärte Baustadtrat Thorsten Schatz (CDU). Bereits im Juni hatte der Stadtrat auch Führungen in Aussicht gestellt. Die seien weiter angedacht. Sobald Termine feststehen, werde darüber informiert.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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