Wer sich zuerst bewegt, der hat verloren:
Das Beispiel der Yellow Submarine zeigt, wie schwer es ist, Schrottboote zu entsorgen
Anfang des Jahres hat der „Länderspiegel“ des ZDF ein Thema aus Spandau zum „Hammer der Woche“ erkoren: die Yellow Submarine. Noch besser passt auf die Situation rund um das Boot die Zuschreibung „Verwaltungsmikado“: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Niemand fühlt sich für das Schrottboot wirklich verantwortlich. Und keine Stelle möchte die Konsequenzen eines Eingreifens tragen.
In einer E-Mail an das Spandauer Volksblatt beklagte sich eine Anwohnerin darüber, dass ihre Hinweise auf Schrottboote im Bereich des Nordhafens erfolglos geblieben seien. Die Senatsumweltverwaltung habe sich für nicht zuständig erklärt und an das Bezirksamt Spandau verwiesen. Von dort habe sie keine Antwort erhalten. Im Bezirksamt wurde das bestritten. Baustadtrat Thorsten Schatz (CDU) habe der Frau ausführlich geantwortet, hieß es dort. Aber zugegeben, die Nachricht sei für sie wahrscheinlich nicht zufriedenstellend gewesen. Denn auch der Baustadtrat sieht sich in Sachen Schrottboote nicht als erster in der Pflicht.
Neben der Senatsverwaltung und dem Bezirksamt spielt auch noch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung eine Rolle oder eben keine Rolle. In ihrer Verantwortung liegt die Bundeswasserstraße Havel und damit eigentlich auch für die Yellow Submarine. Von dem Schiff gehe aber keine Gefahr für den Wasserverkehr auf der Havel aus, begründete die Bundesbehörde auch laut Länderspiegel ihre Inaktivität.
Vor ungefähr zwei Jahren versuchte der damals kommissarisch für das Ordnungsamt zuständige Stadtrat Gregor Kempert (SPD) das Mikado aufzulösen. Die Schrottboote müssten sich doch einigermaßen zeitnah entsorgen lassen, erklärte er bei seinem Amtsantritt Ende 2021. Gut ein Jahr später bezeichnete er seine Annahme als „zu tollkühn“ und sich selbst als „zu naiv“.
Die erste Lektion lautete dabei: So ein Schiff kann nicht einfach abtransportiert werden. Denn erst einmal muss sein Besitzer ausfindig gemacht werden. Bei der Yellow Submarine hatten die Nachforschungen ergeben, dass die letzte bekannte Adresse ihres Eigentümers ein Campingplatz in Kladow war. Dann verlor sich seine Spur.
Grundsätzlich wäre es jetzt möglich, das Boot zu bergen. Aber davon sei abzuraten, hat bereits Gregor Kempert erfahren. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg habe dies gemacht und Schrottboote auf eigene Initiative entfernt. Das kostete rund 10 000 Euro und führte zu eine Rüge des Rechnungshofs. Mit dieser Aktion seien Steuergelder verschwendet worden.
In Spandau wäre das wahrscheinlich nicht anders.
Das Bezirksamt müsste sich um das Entsorgen oder Lagern kümmern, hätte eine Menge Kosten zu tragen, auf denen Spandau wohl sitzen bleiben und wegen des Einsatzes öffentlicher Finanzmittel in die Kritik geraten würde. Und sind die Boote an erst einmal Land, sind sie für andere möglicherweise Verantwortliche erst recht kein Thema mehr. Das Fazit lautet deshalb zugespitzt: Wer sich zuerst bewegt, ist der Dumme.
Allerdings ist inzwischen auch dem Bezirksamt klar, dass dieses Ping-Pong und Mikado-Spiel der Bevölkerung nicht mehr zu vermitteln ist. Deshalb wurde jetzt ein erneuter Vorstoß für eine Lösung angekündigt. Alle Beteiligten sollten sich an einem Tisch versammeln und gemeinsam überlegen, wie die unendliche Schrottboot-Geschichte beendet werden könnte. Wer wann und wo verantwortlich ist und wer finanziell dafür aufkommt, unter anderem das wäre zu klären. Es bleibt abzuwarten, ob es dazu endlich befriedigende Antworten gibt.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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