Das war das Jahr 2022 in Spandau
Das Spandauer Volksblatt schaut auf die vergangenen zwölf Monate alphabetisch geordnet zurück
Im vergangenen Jahr ist viel passiert. Der Ukraine-Krieg und seine Folgen waren das bestimmende Thema. Beim Zurückblicken lassen sich unter fast jedem Buchstaben des Alphabets auch für Spandau Ereignisse finden.
Ankommen. Nur wenige Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine waren Ende Februar die ersten Geflüchteten aus dem Land auch in Spandau angekommen. Die stillgelegte Flüchtlingsunterkunft am Rohrdamm wurde erneut reaktiviert. Dort und auch an anderen Stellen gab es eine sehr große Hilfsbereitschaft. Allein in Kladow sollen nach Schätzungen rund 300 Menschen Geflüchtete bei sich aufgenommen haben. Andere halfen bei Behördengängen, gaben Sprachkurse, sammelten Spenden oder organisierten Transporte.
Baden. Das Projekt Wasserballarena wird weiter verfolgt, ein Baustart ist aber wahrscheinlich erst in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre zu erwarten. Der Groß Glienicker See war auch im vergangenen Sommer beliebt bei Badegästen. Das hat erneut zu teilweise chaotische Zuständen rund um die Badestellen geführt. Denen wurde, auch das ist inzwischen nicht mehr neu, mit Straßensperren begegnet.
Corona. Gab es immer noch, aber gefühlt immer weniger. Zu Jahresbeginn lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Spandau bei einem Wert von rund 2200. Zum Jahresende waren es knapp 312.
Energie. Sie wurde immer mehr zum knappen Gut. Um Gas einzusparen, wurde auch in Spandau die Temperatur in Büroräumen heruntergedreht. Die Beleuchtung ist an vielen Stellen reduziert, Bibliotheken und weitere Orte dienen als sogenannte „Wärmeinseln“.
Heerstraße Nord. Name für ein Wohnquartier, das auch 2022 immer wieder in die Schlagzeilen geraten war. Es gab erneut viele Brandstiftungen in dem Gebiet und in deren Folge oft unzumutbare Einschränkungen für die Bewohner. Kaputte Aufzüge, Verwahrlosung, Unsicherheitsgefühl trotzt Sicherheitsstreifen waren weitere Klagepunkte in den vergangenen Monaten. Gegen die Probleme angehen soll jetzt auch eine sogenannte Task Force, die die BVV bei ihrer Sitzung im November beschlossen hat.
Koschwitz. Erna Koschwitz (1897-1965) ist die jüngste Namensgeberin einer Straße im Bezirk. Seit Ende Oktober heißt der bisherige Elkartweg in Hakenfelde nach ihr. Mit Erna Koschwitz wird eine engagierte Jugend- und Sozialfürsorgerin gewürdigt, die lange in der Gegend gewohnt hat. Damit verschwindet Karl Elkart aus dem öffentlichen Raum, ein Mann der im „Dritten Reich“ als williger Vollstrecker der Nazidiktatur gewirkt hat. Rund zehn Jahre haben die Umbenennungsbemühungen an dieser Stelle gedauert.
Lindenberg, Vorname Udo. Der Sänger stand Pate für das vielleicht emotionalste Solidaritätsprojekt für die Ukraine. Am 31. März versammelten sich mehr als 500 Schülerinnen und Schüler, Lehrer und einige Eltern der Grundschule an der Pulvermühle auf dem Sportplatz in der Daumstraße. Dort formierten sie sich zu einem riesigen Peace-Zeichen und intonierten den Lindenberg-Song „Wir ziehen in den Frieden“. Aus dem Auftritt entstand ein Video, das weiter bei Youtube abgerufen werden kann. Auch Udo Lindenberg ist in einigen Szenen dieser Friedensbotschaft zu sehen.
Mieten. Ihr Anstieg bleibt weiter ein Problem. Ab und zu gelingt es aber, besondere Härten etwas zu entschärfen. So wie zuletzt bei der Siedlung An der Kappe. Dort plant der Eigentümer Deutsche Wohnen umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen. Die sollen zwar auch auf die Mieter umgelegt werden, aber nur bis zu höchstens 30 Prozent ihres Nettohaushaltseinkommens. Diese und weitere Abfederungen haben das Bezirksamt und zwei Mietervereine in Verhandlungen erreicht. Dazu gehört auch der Verzicht auf reguläre Mieterhöhungen in den kommenden fünf Jahren.
Offensiv. Die sogenannte Schulbauoffensive ist seit Jahren eines der wichtigsten Vorhaben des Senats. Zuletzt wurde sie allerdings aufgrund reduzierter Haushaltsspielräume ziemlich ausgebremst. Auch in Spandau werden deshalb wahrscheinlich mehrere Sanierungen teilweise um Jahre verschoben. Im abgelaufenen Jahr konnten allerdings noch einige Projekte im abgeschlossen werden. Bereits im Februar gab es die Einweihung des Erweiterungsbaus der Borchert-Oberschule in der Blumenstraße. Am 25. November wurde die Eröffnung eines Modularen Ergänzungsbaus an der Schule am Stadtrand gefeiert. Noch weitaus älter als die Schulbauoffensive waren die Pläne für einen Neubau der Heinrich-Böll-Oberschule. Sie wurden seit knapp 30 Jahren verfolgt. Am 2. September konnte dieses Projekt endlich abgeschlossen werden. Es kostete 43,8 Millionen Euro.
Pflegecampus. Auf dem Gelände der einstigen Alexander-Barracks sollte der zentrale Berliner Standort für die Ausbildung im Pflegebereich eingerichtet werden. Lange hat auch der Senat das Vorhaben an dieser Stelle favorisiert. Seit Herbst zeichnet sich eine Kehrtwende ab. Statt in Spandau soll der Pflegecampus jetzt in Tempelhof eingerichtet werden. Die Enttäuschung darüber ist parteiübergreifend, bei den Konsequenzen daraus gibt es aber Unterschiede. Während die CDU und teilweise auch die Grünen dafür plädieren, weiter um den Standort in den Alexander-Barracks zu kämpfen, will die SPD vor allem eine Kompensation für den entgangenen Campus erreichen.
Reformationsplatz. Am 14. Mai wurde der umgestaltete Reformationsplatz eingeweiht. Er ist teil der umfassenden Altstadtsanierung. Unter anderem gab es neue Grünbereiche, Sitzmöbel und barrierefreie Wegeverbindungen. Kosten: rund 1,9 Millionen Euro.
Siemensbahn. Das Renommier-Verkehrsprojekt im Bezirk, das nach den bisherigen Vorgaben in ziemlich genau sieben Jahren fertiggestellt sein soll. Bisher werde der Zeitplan eingehalten, war 2022 aus verschiedenen Anlässen zu erfahren. Aber die größten Herausforderungen kommen auch erst noch. Und wohl noch weitaus länger als nur bis 2029 wird es dauern ehe, wenn überhaupt, eine S-Bahn vom Rathaus Spandau nach Falkensee fährt. Und über das Tempo der geplanten Verlängerung der U-Bahnlinie 7 hatte es zuletzt ebenfalls Diskussionen gegeben.
Tierisch. Die Wildscheine am Kladower Unkenpfuhl haben über Monate Bürger und Behörden beschäftigt. Sie waren im Februar auf das Areal gelangt, nachdem ein Teil des Zauns auch hier durch den Sturm beschädigt worden war. Was mit ihnen passieren soll war in der Folge Anlass für teilweise hitzige Auseinandersetzungen. Bejagen, wofür Baustadtrat Thorsten Schatz (CDU) mit Verweis auf entsprechende Vorgaben, plädierte. Freilassen, so die Forderung von Anwohnern. Anfang Dezember waren die Tiere dann auf einmal weg. Wahrscheinlich entkommen durch eine erneute Zaunlücke. Wie auch immer die entstanden ist.
Wohnungen. Wurden eine ganze Menge gebaut oder sind im Bau. Nur ein kurzer Abriss: 3. März, Einweihung von 168 Appartements an der Pionierstraße 20. Sie sind für Auszubildende bei der Polizei und Feuerwehr gedacht. 25. März, Richtfest für 958 Mietwohnungen in Halskes Sonnengärten am Saatwinkler Damm. 23. Juni, Einweihung von 71 weiteren Wohnungen im Quartier Waterkant. 15. September, Richtfest für den ersten Abschnitt des Havelufer-Quartiers am Maselakepark. Insgesamt 1800 Wohnungen sollen hier entstehen. Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Zeynep. Außerdem Ylenia und Antonia. Drei Namen für Orkanstürme, die im Februar für einigen Schaden im Bezirk gesorgt haben. Am seit 40 Jahren stillgelegten S-Bahnhof Siemensstadt wurden Teile der Dachreste abgedeckt, einige fielen auf die Straße. Der unter der Station verlaufende Rohrdamm war deshalb mehrere Tage gesperrt. Außerdem wurden mehr als 300 Bäume umgestürzt oder beschädigt. Wegen der Gefahrenlage gab es zeitweise auch keinen Zugang zu den Friedhöfen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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