„Realitätsfern“ und „undenkbar“
Debatte um Windkraft-Standorte in Spandau geht weiter
Im Spandauer Forst wird es keine Windräder geben. Dafür soll aber der Bereich Karolinenhöhe auf den Gatower Rieselfeldern zu einem der wichtigsten Standorte in Berlin werden.
Eine Anfang des Jahres veröffentlichte Studie wies zunächst 31 mögliche Flächen für Windkraft-Anlagen aus. Sie wurde inzwischen weiter konkretisiert und sieht nur noch acht Flächen mit insgesamt 28 Anlagen für Berlin vor. Für die Rieselfelder ist dabei die zweithöchste Konzentration aller eventuellen Standorte vorgesehen. Nur in Pankow sind es im Bereich des Autobahnkreuzes und des Bucher Forstes mit zehn noch mehr.
Bei dieser aktualisierten Version handle es sich noch nicht um eine Vorab-Festlegung, erklärte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) am 19. Februar im Ausschuss für Wirtschaft des Abgeordnetenhauses. Vielmehr gehe es zunächst um das Potenzial. Mit den betroffenen Bezirken würden jetzt Einzelgespräche folgen.
Schon bei der Vorstellung der ersten Studie hatte es heftige Kritik von Bürgermeister Frank Bewig und Baustadtrat Thorsten Schatz (beide CDU) an der Standortwahl gegeben. Auch die neueste Windrad-Variante hat daran nicht viel geändert. Positiv sei höchstens, dass die Verantwortlichen im Land von solchen Anlagen im Spandauer Forst inzwischen Abstand genommen hätten, erklärte Schatz. Die Einwände gegen den Spandauer Forst träfen aber auch auf die Rieselfelder zu. Beide seien Naherholungsgebiete und wichtige Rückzugsorte für Tiere und schon deshalb als Windenergieareal „realitätsfern“ sowie auch aus Gründen des Natur- und Klimaschutzes „undenkbar“. Es sei wenig erfolgversprechend, einen Beitrag zum Umweltschutz leisten zu wollen, indem die Umwelt zerstört werde.
Die Studie hatte bereits für die Rieselfelder ebenso wie für den Spandauer Forst ein hohes Konfliktrisiko festgestellt. Sie erwähnte beispielsweise jeweils kollisionsgefährdete Vogelarten. Im Fall der Rieselfelder wurde außerdem auf das bestehende, beziehungsweise teilweise geplante Landschaftsschutzgebiet verwiesen.
Der Naturschutzbund (Nabu) kritisiert ebenfalls die Studie und verweist unter anderem darauf, dass Berlin eigentlich 446 Hektar als Windvorranggebiet ausweisen müsse. Nach derzeitigem Stand werden aber fast zehnmal so viel, rund 4300 Hektar, in das laufende Verfahren einbezogen, darunter Gebiete, die als konfliktbehaftet gelten. Gerade das hält Rainer Altenkamp, der 1. Vorsitzender des Nabu Berlin als „schlichtweg unnötig“.
Der Hintergrund für die Windradaktivitäten ist das Windenergiegesetz der Bundesregierung. Es verpflichtet alle Bundesländer dazu, Flächen für die Nutzung von Windkraftanlagen auszuweisen. In Berlin und den anderen Stadtstaaten müssen das 0,25 Prozent der Landesfläche bis zum Jahr 2027 sein. Bis 2032 dann 0,5 Prozent.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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