Kampfmittelberäumung auf früherem Flughafen-Gelände
Tegel Projekt GmbH rechnet noch jahrelang mit Bombenfunden
Seit 4. Mai ist der Flughafen Tegel endgültig Geschichte. Bis dahin hatte er noch den Status einer Vorhaltefläche, falls es am neuen BER-Airport irgendwelche Probleme geben sollte. Aber jetzt hat eine neue Epoche aufAreals wirklich begonnen.
Seit Mitte Mai finden im Auftrag der Tegel Projekt GmbH Kampfmittelräumungsarbeiten statt. Sie werden Jahre dauern und mehr als 400 der knapp 500 Hektar Gesamtfläche umfassen. In der ersten Etappe wird bis August der Bereich der künftigen Baustellenzufahrt am Kurt-Schumacher-Damm nach Munition und Blindgängern im Boden untersucht. Danach folgt der Bereich des ersten Bauabschnitts für das Schumacher-Quartier sowie die Südzufahrt ab der General-Ganeval-Brücke. Nach Angaben der Tegel Projekt GmbH sollen diese Arbeiten Ende 2022 abgeschlossen sein. Die weitere Begutachtung und gegebenenfalls Beräumung folgten dann sukzessive im Vorfeld der jeweiligen Baumaßnahmen.
Gelände mit langer Militärgeschichte
Dass Kampfmittelfunde sehr wahrscheinlich sind, liegt an der Geschichte des Geländes. Bereits ab 1780 befand sich hier ein Artillerie-Schieß- und Übungsplatz des preußischen Heeres. In den 1930er-Jahren fanden Raketenversuche statt und während des zweiten Weltkriegs diente es als Truppenübungsplatz und als Standort von Flugabwehrgeschützen. Zwar wäre der Bereich des späteren Flughafens kein ausgewiesenes Ziel der Alliierten gewesen, erklärte die Tegel Projekt GmbH. Wegen seiner kriegswichtigen Industrieanlagen aber habe es etwa 80 Luftangriffe auf Tegel gegeben. Deshalb sei davon auszugehen, dass auch dieses Gebiet mehrfach durch Spreng- und Brandbomben getroffen wurde.
Nach Kriegsende seien wiederum Bombentrichter, Erdlöcher oder Splittergraben mit häufig Kampfmittel belastetem Bauschutt zerstörter Gebäude verfüllt worden. Ebenso wurde Munition abgeladen und vergraben.
Flughafen erst mit der Berlin-Blockade
Die Geschichte des Flughafen Tegels begann wahrend der Berlin-Blockade im Jahr 1948. Innerhalb weniger Wochen wurde damals eine Landebahn angelegt, um den Nachschub sicherzustellen und die beiden Flughäfen Tempelhof und Gatow zu entlasten. Kampfmittelräumungsarbeiten fanden aus Zeitmangel nicht statt. Erst zwischen 1968 und 1981 hat es sie "punktuell" und systematischer ab 2005 gegeben. Testfelduntersuchungen hätten damals ergeben, dass das Areal stark belastet sei. Eine unmittelbare Gefährdung des Flugbetriebes bestünde aber nicht, solange es keine Eingriffe in den Boden gebe, lautete die Erkenntnis vor knapp 20 Jahren.
Neubauvorhaben zwingen zur Bombensuche
Mit den Neubauvorhaben in den kommenden Jahren hat sich die Situation komplett geändert. Daher werde der Boden zunächst mit Metalldetektoren systematisch abgesucht, dann schichtweise abgetragen und in einer Separierungsanlage untersucht. Bei Flächen, unter denen nicht von Kampfmittelresten auszugehen sei, werde das Erdreich, je nach späterer Nutzung, zwischen 30 und 160 Zentimetern ausgehoben – bei Verdachtsgebieten bis zu einer Tiefe von sechs Metern. Mögliche Bombenfunde werden entweder vor Ort oder auf dem Sprengplatz Grunewald entschärft beziehungsweise gesprengt.
Philipp Bouteiller, Chef der Tegel Projekt GmbH geht davon aus, dass es in Zukunft regelmäßig zu Bombenfunden kommen wird. "Wir rechnen damit, dass das Baugeschehen im Schnitt ein Mal pro Monat wegen einer Entschärfung oder Sprengung unterbrochen werden muss." Und je nach Lage und Gefährlichkeit möglicher Funde könnten perspektivisch auch Evakuierungsmaßnahmen oder Unterbrechungen des Straßenverkehrs und der U-Bahn notwendig werden.
Erdaushub soll wiederverwertet werden
Allein für die Räumarbeiten auf den drei zunächst prioritären Flächen wird etwa 340 000 Kubikmeter Erdaushub anfallen. Er werde auf der ehemaligen südlichen Landebahn sowie im Bereich des künftigen Schumacher-Quartiers gelagert. Nach bestätigter Unbedenklichkeit und erfolgter Kampfmittelfreigabe gebe es eine Wiederverwertung. Entweder direkt an der ursprünglichen Fläche oder für andere Bereiche. Das gilt natürlich nicht für kontaminierten Boden. Der werde "ordnungsgemäß entsorgt".
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.