Kitabetreiber will auf geschichtsträchtigem Grund mehr Plätze schaffen
Bald noch mehr „Waldräuber“?

Das ehemalige Waschhaus mit dem markanten Schornstein wäre als Neubau wirtschaftlicher zu betreiben.   | Foto: Christian Schindler
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Die Kündigung des Modellbauclubs Lübars auf dem Gelände Werdohler Weg 75 durch das Bezirksamt hat eher zufällig darauf aufmerksam gemacht, dass hier ein geschichtsträchtiges Gelände zu einem großen Kita-Standort weiterentwickelt wird.

Wie berichtet, war den Modellbauern gekündigt worden, weil auf dem Gelände weitere Kitaplätze entstehen sollen. Jugendstadtrat Tobias Dollase (parteilos, für CDU) spricht von 50 neuen Krippenplätzen, die wegen des Rechtsanspruchs der Eltern auf Kinderbetreuung absoluten Vorrang hätten. Schon jetzt hat die Kita „Die Waldräuber“ auf demselben Gelände 187 Plätze, wobei aktuell 140 Kinder vor Ort sind. Den Waldräubern fehlen, wie vielen anderen Kita-Trägern auch, schlichtweg Erzieher.

Dabei sind die Waldräuber vermutlich in einer komfortableren Lage als andere Kita-Betreiber. Die Kita gehört zur ESO-Education-Group, deren Ausbildungs- und Weiterbildungsakademie im Büro-Komplex Top-Tegel auch Erzieher ausbildet. Maria Kondring, kaufmännische Leiterin der Kita, ist daher auch optimistisch, die Anzahl ihrer Mitarbeiter bald erhöhen zu können.

Düstere Historie

Die ESO-Group hat auf dem Gelände allerdings noch mehr vor. Optimal wäre es für sie, wenn der vordere Gebäuderiegel, in dem bisher auch der Modellbauclub Räume nutzte, abgerissen würde und neu gebaut werden könnte. Es handelt sich um das Waschhaus des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers, das sich in den Jahren 1942 bis 1945 vom Billerbecker Weg bis zur Jungfernheide erstreckte. Daher steht es unter Denkmalschutz.

Die Dimension des Zwangsarbeiterlagers ist allerdings ohnehin nicht mehr erkennbar, da ein großer Teil längst mit Wohnhäusern bebaut ist. Ein Neubau auf dem Barackengrundriss wäre wirtschaftlicher zu betreiben. Kilian Daske, Regionalleiter der ESO-Group für Berlin und Brandenburg, könnte sich auch vorstellen, dort einen Kieztreff zu entwickeln.

Um solche Pläne effektiv umzusetzen, wäre es für die ESO-Group allerdings sinnvoll, das Gelände in Erbpacht zu erhalten. Bisher gehört es dem Bezirk, die ESO-Group hat einen Nutzungsvertrag. Bei der Umwandlung der Besitzverhältnisse hakt es dann oft an Kleinigkeiten. So ist das Grundstück für eine Umwandlung in Erbpacht zu groß. Auch das lässt sich laut Daske lösen. So gibt es hinter dem größeren Gebäude im hinteren Teil des Grundstücks, das aktuell die Kita-Gruppen beherbergt, noch eine größere Freifläche zum Wald. Die könnte an die Berliner Forsten zurückgegeben werden.

Wo Ulrike Meinhof einst recherchierte

Jenes hintere Gebäude hat übrigens auch eine bemerkenswerte Geschichte. Von 1952 bis 1971 war dort der „Eichenhof“ als Heim für als schwer erziehbar geltende Mädchen untergebracht. In der Einrichtung hatte die Journalistin Ulrike Meinhof für den Südwestfunk zur Heim-Erziehung recherchiert. Auf der Basis dieser Recherchen drehte der Regisseur Eberhard Itzenplitz den Film „Bambule“, der zum Teil am Werdohler Weg spielt. Die ARD wollte den Film am 24. Mai 1970 ausstrahlen. Die Ausstrahlung wurde dann abgesetzt, weil Ulrike Meinhof sich an der Befreiung des Terroristen der Rote-Armee-Fraktion, Andreas Baader, am 14. Mai 1970 beteiligt hatte und sich damit selbst endgültig in den Untergrund begab.

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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