In dieser Herberge wird nicht nur übernachtet
Das Central-Hotel in Tegel ist die gefragteste Filmkulisse in Reinickendorf

Scheinwerfer für Dreharbeiten am Central-Hotel. Eine Aufnahme von 2023. | Foto:  Central-Hotel Tegel
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  • Scheinwerfer für Dreharbeiten am Central-Hotel. Eine Aufnahme von 2023.
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Drehorte in Reinickendorf? Da würden ihm einige einfallen, meinte der Locationscout. Private Häuser und Wohnungen. Öffentliche Gebäude wie das Fontanehaus. Überhaupt das Märkische Viertel. Ehemalige Fabrikhallen. Sehr beliebt und häufig gebucht werde aber vor allem das Central-Hotel.

Mit der Filmstadt Berlin verbinden sich normalerweise inzwischen ziemlich abgedrehte Drehorte wie die Oberbaumbrücke in Friedrichshain-Kreuzberg, der Alexanderplatz in Mitte oder der Bahnhof Zoo in Charlottenburg. Nicht bekannt sind meist viele Hidden Champions. Zu ihnen gehört auch das Central-Hotel in Tegel.

Dass das Hotel am U-Bahnhof Holzhauser Straße die wohl bekannteste Filmkulisse im Bezirk ist, wissen vermutlich nicht viele Menschen. Andererseits dürfte einigen schon aufgefallen sein, dass entlang der Herberge immer mal wieder zahlreiche Fahrzeuge von Produktionsfirmen parken. Drei bis fünf Drehs gebe es durchschnittlich im Jahr, so Heike Hinz, die geschäftsführende Direktorin. Kinofilme, Fernsehfilme und Serien, auch Werbefilme und Musikvideos.

Die Nachfrage hat vor allem mit der Architektur zu tun. Das Erdgeschoss des Central-Hotels wurde 1968 eröffnet. Vier Jahre später kam die erste Etage dazu. Weitere Aufbauten folgten Ende der 1970er-Jahre. Schließlich ein Zusatzbau in den frühen 90er-Jahren. Das Haus steht deshalb für verschiedene Zeit- und Bauepochen, was es für unterschiedliche Produktionen interessant macht. Zum einen für Filme, die in diesen Jahren spielen. Aber auch für solche, die in der Gegenwart handeln, aber an Orten angesiedelt sind, die heute noch ähnlich aussehen, wie vor drei oder vier Jahrzehnten. Manchmal dient das Hotel auch als Kulisse, um eine besondere Atmosphäre zu erzeugen, wie bei der Verfilmung des Hape Kerkeling Romans „Ich bin dann mal weg“. Szenen, die im Buch in Herbergen entlang des spanischen Jakobswegs spielen, wurden im Frühstücksraum des Central-Hotels gedreht. Im Brandenburger Polizeiruf 110 diente derselbe Raum für eine Location in der polnischen Stadt Stettin.

Heike Hinz zählt weitere bekannte Produktionen auf: die ZDF-Serie „Der Kriminalist“ oder die Filmreihe „Die Toten am Meer“. Auch für Dreharbeiten für Sky oder Streamingdienste wie Netflix wurde das Hotel genutzt. Schauspielerinnen und Schauspieler von Til Schweiger über Christian Berkel bis Jella Haase standen hier bereits vor der Kamera. Auch US-amerikanische Produktionen hätten die Räumlichkeiten schon genutzt.

Als Filmort entdeckt worden, sei das Hotel vor ungefähr 15 Jahren. Das Procedere vor jedem Dreh laufe aber noch immer ähnlich ab, wie zu Beginn. Zuerst komme ein Motivscout oder Locationscout, also Menschen, die professionell nach geeigneten Örtlichkeiten für Filmproduktionen suchen. So wie der eingangs erwähnte Tippgeber für das Central-Hotel. Der Scout schaue sich erstmal um und mache Fotos. Seine Aufnahmen und Erkenntnisse legt er dann der beauftragten Produktionsfirma vor. Wenn die sich mit der Location anfreunden kann, rückt als Nächstes der Produktionsstab zwecks eigener Inaugenscheinnahme an. Gibt es auch dort ein Go, folgen Regisseur und Kameramann. Sie beschäftigen sich bereits mit möglichen Einstellungen für bestimmte Szenen.

Danach geht es um administrative Fragen. Wie viel und welcher Platz wird für den Dreh gebraucht? Wie lange soll gedreht werden? „Der Aufenthalt variiert dabei zwischen einem oder eineinhalb Tagen und bis zu einer Woche“, sagt Heike Hinz. Anhand von Zeit und Raumumfang bemesse sich auch das Salär, den das Hotel den Filmteams in Rechnung stelle. „Wenn beispielsweise eine ganze Etage benötigt werde, koste das den Gegenwert der gebuchten Zimmerpreise“. Pro Tag, das zeigen auch Recherchen bei anderen Filmlocationanbietern, bringt die Vermietung normalerweise einen niedrigen vierstelligen Betrag ein. Zwischen dem ersten Aufritt des Scouts und dem Beginn der Dreharbeiten liegen in der Regel drei bis sechs Monate.

Die Gage wird ebenso in einem Vertrag festgelegt, wie weitere Voraussetzungen. Zu denen gehört auch, dass mögliche Veränderungen bei der Produktion nach deren Ende wieder beseitigt werden. Genauso wichtig ist den Verantwortlichen im Central-Hotel, dass der Hotelbetrieb durch die Dreharbeiten nicht beeinträchtigt und die Gäste nicht gestört werden. Ein Dreh gehe nur dann, wenn dafür keine anderen Buchungen storniert werden müssen. Für manche Bereiche gebe es zeitliche Vorgaben. Der Frühstücksraum sei zwischen 6 und 10 Uhr tabu.

Probleme habe es in all den Jahren nie gegeben, sagt Heike Hinz. Wer hier produziere, mache das sehr professionell. Auch manche Klischees aus der Filmbranche, etwa die, dass vorherige Planungen und Absprachen vor Ort oft Makulatur seien oder viel Leerlauf existiere, könnten nicht bestätigt werden. Vielmehr herrsche eher der Eindruck, dass die Dreharbeiten eng getaktet sind. Dafür sorge wahrscheinlich bereits der Etat. Dabei sei der personelle und logistische Aufwand ziemlich groß. Allein der Stab einer Filmcrew bestehe aus bis zu 20 Menschen. Regie, Kameraleute, Aufnahmeleitung, Licht, Ton, Maske, dazu mal einige, mal mehrere Darstellerinnen und Darsteller. Manchmal, wenngleich bisher eher selten, gebe es auch Low-Budget-Produktionen, Arbeiten von Filmstudentinnen und Studenten, die hier entstehen. Die seien ebenfalls willkommen.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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