Veraltete Technik im Gefängnis: Gutachten zum erfolgreichen Ausbruch im Februar

Sieht nicht nur von außen alt aus: Die JVA Tegel. | Foto: Christian Schindler
  • Sieht nicht nur von außen alt aus: Die JVA Tegel.
  • Foto: Christian Schindler
  • hochgeladen von Christian Schindler

Der von Justizsenator Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) beauftragte Bericht zur Justizstrafvollzugsanstalt Tegel anlässlich des Ausbruchs eines Gefangenen am 7. Februar offenbart eine Reihe von Fehlerquellen.

Im öffentlich zugänglichen Teil des Berichts des rheinland-pfälzischen Strafvollzugsexperten Gerhard Meiborg, dessen 52 Seiten von der Senatsjustizverwaltung veröffentlicht wurden, werden detailliert die Sicherheitslinien des Gefängnisses dargestellt.

Die äußere Linie besteht aus der rund fünf Meter hohen Stahlbetonmauer, die innere aus einem zumeist sechs Meter davor befindlichen Zaun. Dieser wird von 161 Kameras überwacht, die zumeist analog funktionieren. Nur einige wenige sind digital mit Videosensorik ausgestattet. Die Bilder der Kameras können in der Alarmzentrale auf 19 Monitore geschaltet werden. Die analoge Technik ist mittlerweile 13 Jahre alt. Urteil des Gutachters: „Dieses System einschließlich der PC-Arbeitsplätze hat seine technische Betriebsdauer bereits überschritten. Die verwendeten Videosensoren werden nicht mehr hergestellt.“

Im Nachgang stellte sich heraus, dass der am 7. Februar aus der JVA entflohene und später in Belgien gefasste Hamed Mouki vermutlich von einer Kamera gefilmt worden war. Sie zeichnete eine dunkel gekleidete Person auf, die sich zu dem Anhänger begab, unter dem der Strafgefangene die Haftanstalt vermutlich verließ.

Kontrollgrube war bereits zur Jahrtausendwende geplant

Diese Flucht wurde dann durch andere bauliche Gegebenheiten weiter erleichtert. So wurde um die Jahrtausendwende die Erneuerung des Tores 2 geplant. Die Pläne enthielten eine so genannte Kontrollgrube, wie sie auch die alte Anlage hatte. Das bedeutete, das Gefängnismitarbeiter sich unter ein- oder ausfahrende Fahrzeuge begeben und deren Unterboden kontrollieren konnten. Schon 2003 verschwand aber diese Grube aus den Plänen. Im „Sog der Haushaltsmisere“, so der Gutachter wörtlich, wäre sogar die Fahrzeugschleuse beinahe verschwunden. Sie kam dann zwar, aber ohne Grube.

Im Boden der neuen Fahrzeugschleuse wurden Lampen eingelassen, die es den Bediensteten ermöglichen sollten, mittels Spiegeln die Unterseite der Autos zu kontrollieren. Als der Strafgefangene Hamed Mouki sich am 7. Februar unter dem Anhänger eines Lieferfahrzeugs verborgen hatte, wurde er bei einer solchen Kontrolle offenbar übersehen.

Mittlerweile wurde die Anzahl der Lampen erhöht, doch zufrieden ist der Gutachter nicht. Er plädiert für die Kontrollgrube, wie sie wohl auch von den Angestellten der JVA bevorzugt wird.

Der Gutachter verweist aber nicht nur auf bauliche Mängel. Auch die Personaldecke sei zu dünn. Der aktuelle Stellenplan sehe 389,5 Stellen vor, besetzt sind aber lediglich 352 Stellen.

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 854× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 368× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 698× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 777× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 351× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.