Zufluchtsort am alten Flughafen:
Airport-Areal wird zum größten Berliner Ankunftszentrum für Ukraine-Flüchtlinge
Philipp Bouteillers Tätigkeit als Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH endet am 31. März. Auf den letzten Metern seiner mehr als zehnjährigen Tätigkeit auf diesem Posten sehen nicht nur er und seine Co-Chefin Gudrun Sack sich mit einer bis vor wenigen Wochen noch unvorstellbaren Herausforderung konfrontiert.
Der ehemalige Flughafen Tegel ist seit 14. März das sogenannte Willkommenszentrum für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Schon sehr schnell nach dem russischen Angriff war im Gespräch, hier Menschen unterzubringen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat fliehen und täglich zu Tausenden in Berlin ankommen. Welche Dimension eine solche Notunterkunft annehmen würde, zeigt sich erst beim Start des sogenannten Willkommenszentrums. Los ging es mit 500 Betten. Es folgten ein Ankunftszentrum sowie ein stetiger Anstieg der Übernachtungsplätze. Bis zu 10 000 Geflüchtete sollen "perspektivisch" jeden Tag hier unter der Leitung des Roten Kreuzes als Betreiber des Zentrums betreut werden.
Insgesamt habe die Tegel Projekt GmbH mehr als 30 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche in den Gebäuden sowie über 100 000 Quadratmeter Frei- und Verkehrsflächen an das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten übergeben, erklärte die künftige alleinige Geschäftsführerin Gudrun Sack. Dazu gehört das markante Hauptgebäude mit den ehemaligen Terminals A, A2 und B, ein Hangar, die ehemalige Mietwagenzentrale und Parkplatz-Areale. Die Immobilien mussten zunächst wieder nutzbar gemacht werden. Es sei ein provisorisches Trinkwassernetz eingerichtet, die Lüftungs- und Brandmeldeanlage wieder in Betrieb genommen, die Heizung hochgefahren, eine Notstromversorgung organisiert und Aufzüge wieder fahrtüchtig gemacht worden.
In den ehemaligen Abfertigungs- und Wartebereichen soll es etwa 2500 bis 3000 Schlafmöglichkeiten geben. Weitere Betten könnten in Zelten auf dem Vorfeld aufgestellt werden. Die einstigen Flughafenschalter sowie die Ladeflächen werden als Beratungspunkte, Kiosk, Waschsalon oder Handy-Ladestation genutzt. Das medizinische Versorgungszentrum sowie die Kinderbetreuung finden sich in der Haupthalle von Terminal B. Auch eine Polizeiwache und einen Busbahnhof zur Weiterfahrt von Geflüchteten, die nicht in Berlin bleiben. Zusammen genommen entsteht eine Art Kleinstadt, für deren Betrieb rund 2000 Mitarbeiter gebraucht werden.
Aber was bedeutet der Betrieb des Willkommenszentrums für die eigentlichen Pläne auf dem Flughafengelände? Vorarbeiten für die künftige sogenannte Urban Tech Republic oder das Schumacher-Quartier haben bereits begonnen.
Die Arbeiten blieben durch das Ankunftszentrum und die Flüchtlingsunterkünfte "nach aktueller Einschätzung zu großen Teilen unberührt", erklärte die Geschäftsführung der Tegel Projekt GmbH. Die Planungen für die Urban Tech Republic und das Schumacher-Quartier würden weiter vorangehen. Ebenso wie die Vorbereitungen für das im Juni geplante Greentech-Festival. Mieter auf dem Gelände wären ebenfalls von keinerlei Einschränkungen betroffen. "Geringfügige Verzögerungen" würden sich nach derzeitigem Kenntnisstand im Terminal A ergeben, das zum neuen Standort für die Berliner Hochschule für Technik umgebaut wird. Der vorgesehene Start der bauvorbereitenden Maßnahmen im Juli verschiebe sich voraussichtlich um zwei Monate. "Aller Voraussicht nach" könne aber weiter im Sommer 2024 mit dem eigentlichen Umbau begonnen werden.
Gestoppt und bis auf weiteres ausgesetzt wurden ebenfalls die vor kurzen begonnenen Arbeiten an der Rollwegbrücke an der Zufahrt zum einstigen Flughafenareal. Das Erneuern von Versorgungsleitungen in diesem Bereich sowie diverse Vorbereitungen für die Erschließung der Urban Tech Republic würden sich aufgrund der veränderten Situation verschieben. Wege und Einrichtungen für die Baulogistik würden punktuell den neuen Bedingungen angepasst. Die Führungen über das Gelände pausieren derzeit, sollen aber mit angepasster Routenführung zeitnah wieder aufgenommen werden.
Es gibt also einige Fragezeichen und Unwägbarkeiten. Und wie lange die Flüchtlingsstadt in Tegel existiert, hängt vor allem von der Dauer des Krieges in der Ukraine und seiner Folgen ab.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.