So sieht gelungene Integration aus: Ein kleiner Betrieb kämpft für seinen Mitarbeiter

Wenn sein einziger Schweißer gehen müsste, wäre es schwierig für Carsten Henze (rechts), Ersatz für ihn zu finden. | Foto: Regina Friedrich
  • Wenn sein einziger Schweißer gehen müsste, wäre es schwierig für Carsten Henze (rechts), Ersatz für ihn zu finden.
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Reinickendorf. Weil einer seiner Angestellten von Abschiebung bedroht ist, macht sich Firmeninhaber Carsten Henze Sorgen. Ihm würde ein wichtiger Facharbeiter fehlen, denn gute Schweißer sind schwer zu finden. Deshalb setzt er alle Hebel in Bewegung, um ihm zu helfen.

Koptische Christen leben gefährlich in Ägypten. Das hatte auch Herr S. am eigenen Leib erfahren. Islamistische Extremisten verprügelten seine Frau, plünderten die Wohnung und drohten: Verschwindet, sonst seid Ihr tot! Er floh deshalb mit seiner Familie nach Belgien. Dort wurden ihre Anträge abgelehnt, bis sein ältester Sohn vor drei Wochen Asyl erhielt. Seine Frau und die beiden anderen Kinder haben bisher noch keinen Bescheid. Herr S. entschied sich dann 2015, nach Deutschland zu gehen. Dort traf er auf Carsten Henze, der sich in seiner evangelischen Kirchengemeinde in der Flüchtlingsarbeit engagierte. Er bot Herrn S. ein Praktikum an. Der erfahrene Schweißer arbeitet nun seit Februar dieses Jahres fest in der Stahltechnikfirma. Für Carsten Henze ein gutes Beispiel, wie Integration in kurzer Zeit gelingen kann. „Er ist mir und meinen anderen Mitarbeitern ein guter Kollege und Freund geworden“, betont der Firmenchef, „er hat schnell Deutsch gelernt, ist engagiert und zuverlässig. Er ist ein vorbildlicher, für mich kaum ersetzbarer Mitarbeiter, denn gute Schweißer sind selten. Ich bin daher nicht gewillt, seine drohende Abschiebung hinzunehmen.“ Angeblich sei er in Ägypten nicht mehr akut gefährdet, erhielt er als Antwort, als er sich für seinen Mitarbeiter beim Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten einsetzte.

Eine Reihe von Übergriffen auf Christen

Die Nachrichten aus Ägypten sagen etwas anderes: Silvester 2010: 22 Tote bei einem Anschlag, Dezember 2016: 29 Tote bei einem Selbstmordattentat, Mai 2017: 24 Tote bei einem Überfall auf einen Bus mit koptischen Christen ... Auch ein Cousin von Herrn S. wurde ermordet. Das würde ihm bei einer Rückkehr auch drohen, ist sich der Ägypter sicher und hat deshalb auch Angst, seinen vollen Namen zu nennen.

In der Firma von Carsten Henze läuft es gerade richtig gut. „Es kommen sehr viele Aufträge herein, außerdem bauen wir derzeit eine neue Werkstatt auf. Gerade erst haben wir große Stahlträger für einen U-Bahnhof der BVG geschweißt. Ich habe nur zwei Leute in der Werkstatt und S. ist einer davon. Er ist der einzige Schweißer, wenn er gehen müsste, bekäme ich kaum Ersatz.“ Carsten Henze wandte sich deshalb an die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, die sein Anliegen unterstützte. Sie verwies in einem Schreiben auf das große Interesse Berlins, Unternehmen die Einstellung von nachweislich gut qualifizierten ausländischen Mitarbeitern zu ermöglichen. Durch die Anstellung von Herrn S. könnten langfristig auch internationale Kundenbeziehungen gestärkt und vertieft werden, heißt es weiter, sodass dadurch weitere Aufträge generiert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Der Brief liegt nun mit anderen Unterlagen bei der Härtefallkommission. Die Kirchengemeinde hatte den Fall von Herrn S. an sie weitervermittelt. Carsten Henze hofft nun für seinen Mitarbeiter, dass der Antrag positiv beschieden wird. Dann könnte Herr S. endlich auch seine Familie besuchen, die er seit zwei Jahren nicht gesehen hat. ReF

Autor:

Regina Friedrich aus Wilmersdorf

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