Die Sammlung von Alexander Schulz
Meine Berliner Verkehrsgeschichte: Vom Fahrplan bis zum Busmodell
Aufgezeichnet von Thomas Frey
Der öffentliche Nahverkehr ist ein ganz eigenes Kapitel in der Berliner Stadthistorie. Kaum jemand kennt es so gut, wie Alexander Schulz (39) aus Tegel. In seiner Sammlung findet sich nahezu alles, was zu diesem Thema in den vergangenen mehr als 100 Jahren wichtig war. Eine Leidenschaft, die er am besten selbst erklärt.
Warum wird jemand zum Sammler? Und wie finde ich mein Sammelgebiet? Die Fragen sind nicht immer ganz einfach zu beantworten. Bei mir lagen sie sozusagen in meiner Familie. Schon mein Großvater arbeitete bei der BVG, ebenso mein Vater. Ich bin nach beruflichen Umwegen vor mehr als zehn Jahren ebenfalls bei den Berliner Verkehrsbetrieben gelandet. Zunächst war ich U-Bahnfahrer, heute arbeite ich in der U-Bahnleitstelle.
Meine Sammelleidenschaft begann bereits als Kind in den 1980er‑Jahren. Mein erstes Sammelobjekt war eine blaue BVG-Fahrkartenhülle. Darin bewahrte ich Fahrscheine auf, die ich selbst entwertet oder geschenkt bekommen habe. In meiner Schultüte zur Einschulung befand sich auch ein Modellbus (allerdings nicht in der BVG-Version) von Wiking Miniaturmodelle. Das war der Grundstock für meine Sammlung, die inzwischen den gesamten Berliner öffentlichen Nahverkehr umfasst.
Ich sammle Fahrpläne, Tickets, Zeitungsartikel, Bücher, Fotos, Dokumente zur Geschichte und Gegenwart von U- und S-Bahn, Straßenbahn und Bus. Auch Material zum ICE oder dem Transrapid habe ich im Sortiment. Eines meiner ältesten Schriftstücke ist die Festschrift anlässlich der Eröffnung der heutigen U-Bahnlinie 3 zum Thielplatz im Jahr 1913. Zu meinem Fundus gehören Spielzeugmodelle unterschiedlichster Bustypen. Playmobilfiguren, die den öffentlichen Nahverkehr zum Thema haben. Alte Dienstuniformen. Werbematerial aus verschiedenen Epochen. Ein altes Zielschild der Straßenbahn „Mehringplatz“ aus West-Berlin. Oder die Notbremse und der Hinweis auf das Raucherabteil aus einem U-Bahnwaggon.
Gerade die historischen Exponate sagen sehr viel nicht nur über die damalige Personenbeförderung, sondern insgesamt über die Zeit aus. In ihren Anfangsjahren kostete eine Fahrt mit der U-Bahn 10 bis 40 Pfennige. Das war zu Beginn des 20. Jahrhunderts für die meisten Menschen eine Menge Geld. Diese Art von Beförderung wurde zunächst vor allem von Wohlhabenderen genutzt. Heute sind diese dort eher seltener zu finden.
Meine Sammlung ist im Laufe der Jahrzehnte auf verschiedene Weise gewachsen. Vieles bekam ich geschenkt, etwa von Kollegen, die meinten, sie hätten vielleicht etwas Interessantes für mich. Anderes habe ich für wenig Geld erworben. Manches fand ich auch auf Märkten oder bei Auktionen. Auch online wird einiges angeboten. Nicht selten werden da aber die Preise hochgetrieben. Gerade im Netz trifft sich oft eine große Sammlergemeinde. Und es ist erstaunlich, was für manche Raritäten verlangt oder sogar bezahlt wird. Selbst manche Bücher, vor allem wenn sie vergriffen sind, können Erlöse im dreistelligen Bereich erzielen.
Ich sehe meine Sammlung vor allem auch als riesiges Archiv. Ehrenamtlich arbeite ich als Redakteur bei den Berliner Verkehrsblättern, der Informationsschrift des Arbeitskreises Berliner Nahverkehr. Zum Jahresende gibt es dort immerhin eine kleine Aufwandsentschädigung. Sie wird dann häufig für den Kauf neuer Exponate oder Dokumente verwendet.
Aus wie viel Einzelstücken meine Sammlung besteht, kann ich nicht beziffern. Es sind auf jeden Fall einige Tausend. Allein in meiner Wohnung bringe ich sie schon lange nicht mehr unter. Duplikate lagern im Keller meiner Mutter, außerdem habe ich inzwischen einen Lagerraum angemietet. In dem ganzen Sammelsurium einigermaßen Ordnung und Übersicht zu behalten, erfordert einigen Zeitaufwand. Aber es ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Und noch bin ich nicht in einem Alter, um mir Gedanken darüber zu machen, was eines Tages aus meiner Sammlung wird.
Es hilft, dass meine Frau mit meiner Leidenschaft für den öffentlichen Nahverkehr umgehen kann. Als wir uns kennenlernten, habe ich auch noch Briefmarken und Münzen gesammelt. Drei Sammlungen wären ihr zu viel, hat sie damals gesagt. Ich solle zwei aufgeben und nur noch eine weiterführen. Die Entscheidung ist mir nicht schwergefallen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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