Erste Politiker fordern angesichts stark sinkender Passagierzahlen Tegel-Schließung
Schnelleres Ende wegen Coronavirus?
Die Corona-Krise könnte das vorzeitige Ende des Flughafens Tegel bedeuten.
In den vergangenen Monaten sah es so aus, als werde der sogenannte Konsensbeschluss aus dem Jahr 1996 zu den Berliner Flughäfen noch in diesem Jahr Realität: Der Großflughafen BER in Schönefeld wird eröffnet, spätestens ein halbes Jahr später geht Tegel vom Netz. Der Vorsitzende der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg, Engelbert Lütke Daldrup, hatte immer wieder betont, dass der Flugbetrieb des BER am 31. Oktober 2020 starten wird.
Abflugzahlen brechen ein
Doch nun zeichnet sich eine weitere Entwicklung ab: Sollte tatsächlich ab Herbst am BER geflogen werden, könnten die Flieger von Tegel schon Geschichte sein. Schon Mitte März wurde deutlich, dass mit der Corona-Pandemie der Flugverkehr dramatisch zurückging. Nur noch zehn Prozent der sonst üblichen Starts und Landungen finden statt. Die Entwicklung hatte sich schon im Februar angedeutet. Da verzeichnete Tegel etwas mehr als 1,5 Millionen Passagiere. Das war laut Flughafengesellschaft ein Rückgang um 9,3 Prozent im Vergleich mit dem Februar 2019. Am 24. März schlossen Flughafen-Geschäftsführung und Betriebsrat eine Vereinbarung über Kurzarbeitergeld für die rund 2200 Mitarbeiter.
Wenn ein Flughafen schließt, wäre das Tegel
Angesichts der Corona-Pandemie hatte der Aufsichtsratsvorsitzende der Flughafengesellschaft, Rainer Brettschneider, schon vorher erklärt, dass die ohnehin durch die Pannenbaustelle in Schönefeld angeschlagene Gesellschaft vermutlich weitere staatliche Stützen brauche. Eine Reaktion auf den erheblichen Rückgang des Flugverkehrs und damit verbundenen geringeren Einnahmen könnte die Schließung einer der beiden Flughäfen sein. Und da es mit Tegel ohnehin zu Ende gehen soll, wäre dann auch klar, welcher gemeint ist.
Buchholz: "Verbliebene Flüge
über Schönefeld-Alt"
Dieses Szenario findet inzwischen auch Unterstützung aus der Politik. Der Spandauer SPD-Abgeordnete und Sprecher für Stadtentwicklung und Umwelt seiner Fraktion, Daniel Buchholz, fordert die Betriebspflicht für den Flughafen Tegel umgehend auszusetzen: „Die Offenhaltung eines ganzen Flughafens mit allen Teilbereichen und den hohen Sicherheitserfordernissen ist angesichts der extrem geringen Auslastung nicht mehr sinnvoll. Die verbliebenen Flüge können problemlos nach Schönefeld-Alt verlagert werden.“ Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus hält die vorzeitige Schließung von Tegel ohne den funktionierenden BER für unverantwortlich. Sie befürchtet in diesem Fall eine Abkoppelung Berlins vom Luftverkehr.
Anwohner hätten bereits jetzt Ruhe
Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg könnte laut Buchholz zudem ihre Kräfte bündeln für den Betrieb in Schönefeld, erhebliche Kosten sparen und den Bau des BER konzentriert voran bringen. Für die Anwohner des Flughafens Tegel bringe die vorübergehende Stilllegung endlich Ruhe und einen positiven Vorgeschmack auf die endgültige Schließung des innerstädtischen Flughafens.
Sicherheitsabstand wird aktuell nicht eingehalten
Der Flughafen Tegel hatte sich in den vergangenen Tagen noch in anderer Hinsicht als problematisch erwiesen. Bildeten sich vor einzelnen Schaltern Schlangen, hielten die Reisenden untereinander selten den empfohlenen Mindestabstand von eineinhalb Metern. Das Sicherheitspersonal berichtete zudem, dass Reisende bei Husten oder Schnupfen oft keine Rücksicht auf das Flughafenpersonal nähmen.
Stroedter startet Petition zur Tegel-Schließung
Der Reinickendorfer SPD-Vorsitzende und Abgeordnete Jörg Stroedter möchte in Sachen Tegel-Schließung ganz sicher gehen. Er hat eine Petition ins Leben gerufen, die sich für die schnelle Verlagerung der Helikopterflüge des Bundesverteidigungsministeriums von Tegel zum BER ausspricht.
Sie kann noch vier Monate lang unter www.openpetition.org/!txl gezeichnet werden.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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