Schulbauten statt Kleingärten
Den Pächtern der Kolonie Eschenallee wird zum Jahresende 2020 gekündigt
Kurz bevor sich die BVV in die Sommerpause verabschiedete, tagte am 12. Juni noch einmal der Ausschuss für Stadtentwicklung. Es ging um ein heiß diskutiertes Thema: die Fortschreibung des Soziale-Infrastrukturkonzepts (SIKo).
Wie wir bereits Anfang April berichteten, müssen in Tempelhof-Schöneberg laut Kleingartenentwicklungsplan (KEP) 2030 mehrere Kolonien in den kommenden Jahren weichen. Benötigt werden die landeseigenen Flächen unter anderem zum Bau neuer Schulen. Weil der KEP auf Basis der Soziale-Infrastrukturkonzepte umgesetzt wird, musste auch der Bezirk eigene Flächen identifizieren. So wurde beispielsweise die Kolonie Eschenallee an der Paul-Schmidt-Straße in Tempelhof in die Liste aufgenommen. Diese hat eine 102 Jahre lange Tradition. Vor der Ausschusssitzung hatte der Vorstand der Kolonie massive Kritik geübt.
„Wir, die Pächter und mit uns die Anwohner, protestieren gegen diesen massiven Eingriff in die gewachsenen Strukturen zwischen Kolonie und Umgebung an der Marienhöhe ohne jegliche Einzelfallprüfung und Bürgerbeteiligung. Unsere Kolonie ist ein fester Bestandteil und Erholungsraum für Anwohner, Kitakinder und Spaziergänger. Nicht nur die Vielzahl naturbelassener Teiche als Lebensräume für Frösche, Molche und Libellen, sondern auch der Bestand an jahrzehntealten Obstbäumen weisen die Kolonie als wichtiges Glied bei der Erhaltung der Artenvielfalt und des Stadtklimas aus“, hieß es in einer Mitteilung.
„Wir müssen das Gebiet in Anspruch nehmen. Keiner will das, aber uns bleibt nichts anderes übrig“, sagte Schulstadtrat Oliver Schworck (SPD) im Gespräch mit der Berliner Woche. Demnach wird der Bezirk der Kolonie noch in diesem Jahr zum Jahresende 2020 kündigen. Die Frage sei nicht mehr, ob die Kolonie abgerissen werde, sondern nur noch, was genau dort entstehen wird. Schworck und Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne) möchten das Gelände als Drehscheibe nutzen. Das bedeutet, dass temporäre Schulgebäude errichtet werden, in denen Kinder während laufender Schulsanierungen unterrichtet werden können. Im Gespräch sind „Fliegende Klassenzimmer 2.0“, mehrstöckige Varianten mobiler Holzbauten, wie sie bereits in der Grundschule auf dem Tempelhofer Feld aufgebaut wurden.
„Eine Kolonie wird es da nie wieder geben, weil die soziale Infrastruktur in der wachsenden Stadt einfach sowieso viel zu gering ist. Auf Dauer brauchen wir Grundstücke, die genau diese soziale Infrastruktur sichern“, erläutert Oliver Schworck. Jörn Oltmann äußerte auf unsere Nachfrage hin Verständnis für den Unmut der Kleingärtner. Jedoch sei immer klar gewesen, dass der Tag einmal kommen könnte, an dem die landeseigene Fläche anderweitig benötigt wird. Dies wäre den Pächtern auch exakt so gesagt worden. „Wenn der Bezirk Bedarf anmeldet, dann ist das so“, erklärte Oltmann. „Es tut mir auch leid, aber wir haben keine eigenen Flächen mehr, werden auch keine mehr bekommen“, so Schworck.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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