„Wir haben davon aus den Medien erfahren“
Kleingartenkolonie Eschenallee und neun weitere sollen weichen

Susanne Johnson hat hier seit 2010 eine Parzelle. | Foto: Philipp Hartmann
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Ein „Horrortag“ sei der 4. März gewesen, sagt Susanne Johnson (60). Sie saß am Frühstückstisch, als sie im Radio einen Bericht über den Entwurf des Berliner Kleingartenentwicklungsplans 2030 (KEP) hörte. Auf diese Weise erfuhr sie, dass sie ihre Parzelle in der Kolonie Eschenallee womöglich schon 2020 räumen muss.

Der Grund: Die Anlage wurde im KEP von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Kategorie 4 („Bauliche Entwicklung von Kleingärten“) eingeteilt. „In diesen Fällen handelt es sich um landeseigene Flächen, die nach dem Auslaufen der Schutzfrist 2020 für soziale und verkehrliche Infrastrukturmaßnahmen in Anspruch genommen werden müssen“, heißt es dazu. Dies können Kitas oder Schulen sein.

15 Kleingartenanlagen (KGA) in ganz Berlin sind betroffen, allein zehn im Alt-Bezirk Tempelhof. Nirgendwo sonst sollen derart viele Parzellen verschwinden (rund 300 von 420). Es handelt sich um die Kolonien Borussia, Feldschlösschen, Kaisergarten, Morgengrauen, Wild-West, Zähringer Korso und Eschenallee. Hinzu kommen Germania sowie Friede und Arbeit, die für die Neue Mitte Tempelhof weichen müssen. In der Kolonie Hansakorso liegt der Fall anders. Die dortigen Kleingärtner konnten nachweisen, dass ein Großteil ihrer Anlage einen dauerhaft gesicherten Schutzstatus genießt und fälschlicherweise mit aufgeführt wurde. Somit konnten sie erwirken, dass im Stadtentwicklungsausschuss der BVV ihre Kolonie aus dem sogenannten SIKo-Papier (Soziale-Infrastruktur Konzept Tempelhof-Schöneberg) wieder herausgenommen wurde.

Für die 1917 gegründete KGA Eschenallee mit ihren 57 Parzellen besteht dagegen kaum noch Hoffnung. Sie sei wütend, dass sich weder vom Bezirk noch vom Senat jemand gemeldet habe. „Wir mussten uns selbst darüber informieren, nachdem in Medien davon berichtet wurde“, sagt Susanne Johnson, die seit 2010 Pächterin ist. Auf ihrer Parzelle hat sie einen Teich und Hochbeete angelegt. Darin baut sie unter anderem Tomaten, Kartoffeln, Zucchini, Bohnen, Erbsen, Kräuter und im vergangenen Jahr sogar Honigmelonen an. „In meinem Beruf muss ich sehr viele Akten lesen“, berichtet sie. Um die dafür nötige Ruhe zu finden, setzt sie sich gern in ihre kleine Laube. Außerdem sei die Gartenarbeit eine „unglaublich gute Abwechselung“. Im Sommer wollten sie auf der Anlage Bienenstöcke aufbauen. Johnson sagt: „Wir Kleingärtner sorgen dafür, dass eine unheimliche Pflanzenvielfalt herrscht und wir bieten Insekten und anderen Tieren Nahrung.“ Des Weiteren führt mitten durch die KGA ein Naturlehrpfad samt Insektenhotel, der von Klassen der nahen Paul-Klee-Grundschule gern besucht werde.

Dies alles würde verschwinden, wenn der KEP 2030 nach seinem jetzigen Entwurf im zweiten Halbjahr dieses Jahres durch Senat und Abgeordnetenhaus endgültig beschlossen wird. „Das ist nur noch Formsache“, ist Johnson sicher. Von einer bis Anfang April stattfindenden Diskussion mit den betroffenen Kleingärtnern, wie von der Senatsverwaltung angekündigt, könne keine Rede sein. Auch die Ersatzflächen, die angeboten werden sollen, seien eine Farce. So taucht mit der Blohmstraße in Marienfelde (Platz für 103 Parzellen) im KEP nur eine einzige im gesamten Bezirk auf. Und diese liegt von all den betroffenen Tempelhofer Kolonien weit entfernt. „Das kommt für mich nicht infrage“, sagt Susanne Johnson. Sie und andere Betroffene wollen sich nun zusammenschließen und Protestaktionen starten.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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