Im Advent den Kiez entdecken
„Mobiler Adventskalender“ bringt Menschen zusammen
Der „Mobile Adventskalender“ ist ein einzigartiges Projekt. Bis Heiligabend wird jeden Tag an einem anderen Ort ein Fenster geöffnet. Darunter befinden sich zahlreiche Geschäfte der Unternehmer-Initiative Tempelhofer Damm, aber auch die ufaFabrik, die Leo-Kestenberg-Musikschule und der Tempelhofer Hafen.
Hinter jedem Türchen verbirgt sich eine Überraschung – zum Beispiel Puppenspiel, Musik oder Pantomime – zu Advent oder Weihnachten. Anwohner sollen so ihren Kiez einmal auf eine ganz andere Art kennenlernen. Sie sollen auf ihre Nachbarschaft einen Blick werfen, auch mal stehenbleiben, anstatt hektisch durch die Weihnachtszeit zu eilen. Die Gewerbetreibenden bekommen die Chance, die Kunden an ihrem Aktionstag zu sich einzuladen. Initiiert wurde das Projekt von der Freien evangelischen Gemeinde Berlin-Tempelhof. Das Besondere: 50 Prozent des Organisationsteams waren Migranten arabischer und japanischer Herkunft, die andere Hälfte deutsche Christen und Nicht-Christen. Seit Februar waren sie mit den Vorbereitungen beschäftigt. Über diesen Prozess haben wir mit der ehrenamtlichen Diakonin Heike Röger gesprochen.
Warum hat Ihre Gemeinde den Mobilen Adventskalender entwickelt?
Heike Röger: Unser Vorläuferprojekt „Brücke in den Arbeitsmarkt“ war ein Coachingprojekt, wo Migranten feststellen konnten, was ihre Hemmnisse sind, um in den Arbeitsmarkt zu kommen. Es fehlte aber etwas zum Ausprobieren. Da hat sich dieser Adventskalender gut geeignet, denn dafür sind verschiedene Fertigkeiten erforderlich. Außerdem soll dieses Projekt helfen, Menschen aus verschiedenen Kulturen für das Brauchtum der Deutschen zu interessieren. Was ist Advent, was ein Adventskalender? Das gibt es weder im arabischen noch im japanischen Raum. Und so mussten wir erstmal klären, warum die Deutschen Weihnachten feiern.
Wie wurde dies aufgenommen?
Heike Röger: Es war für die Teilnehmer ein bisschen schwierig zu verstehen, warum die Deutschen in eine Art Kaufrausch verfallen und viel Geld ausgeben. Auch die Sache mit dem Rummel, was Fahrgeschäfte mit Weihnachten zu tun haben, verstehen sie überhaupt nicht. Das ist auch Teil der Aktion, dass sie für sich herausfinden können, wie die Deutschen ticken.
Wie waren die Migranten bei der Vorbereitung involviert und wie hilft ihnen das?
Heike Röger: Sie mussten in ihren Teams Geschäftspartner finden oder haben sich darum gekümmert, was hinter diesen Kalendertürchen passiert. Zeitmanagement, Autos mieten, Preisvergleiche, Öffentlichkeitsarbeit, die Finanzen mussten verwaltet werden. All das haben sie mit uns gemacht. Es hilft ihnen auf jeden Fall, dass man dranbleiben, strukturiert, pünktlich und verbindlich sein muss. Was ich auch feststelle, ist, dass dieses Trau-dich-mal ziemlich gehemmt ist. Es wurde ihnen schon so oft gesagt, was sie alles nicht können, dass einfach fehlt, dann zu sagen, ich kann und ich mache das.
Was bleibt als Ergebnis?
Heike Röger: Dass wir uns viel besser kennengelernt haben und Freundschaften entstanden sind. Die muslimischen Männer haben es ganz toll gefunden, dass sie die Möglichkeit hatten, zu zeigen, was sie können. Hier durften sie mit anpacken. Eine Sache, die ich bemängle, ist, dass man immer sagt, sie müssen erst in ein deutsches Schema passen. Man fragt gar nicht danach: Was kannst du und wie würdest du es machen? Ich wünsche mir einfach mehr Machen-lassen. Was bleibt, sind auch die guten Partnerschaften zu den Geschäftsinhabern – das Gefühl, dass man nicht abgekapselt ist, sondern hier in diesen Kiez gehört.
Alle Termine unter http://www.mobileradventskalender.de/.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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