Keine Zukunft für Revuetheater
Senatsverwaltung kündigt "La vie en Rose" den Mietvertrag im Flughafengebäude

Für Susanne Schüttfort, Hans-Jürgen Mond und Sigrid Rückert fällt bald der letzte Vorhang. Ruben Puig und David Joachimstaler (sitzend) von "Sixx Paxx" stehen ebenfalls vor einer ungewissen Zukunft. | Foto: Philipp Hartmann
  • Für Susanne Schüttfort, Hans-Jürgen Mond und Sigrid Rückert fällt bald der letzte Vorhang. Ruben Puig und David Joachimstaler (sitzend) von "Sixx Paxx" stehen ebenfalls vor einer ungewissen Zukunft.
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Eine Kultureinrichtung mit langer Tradition steht vor dem Aus. Das Revuetheater „La vie en rose / Sixx Paxx Theater“ darf nur noch bis zum 31. August bleiben. Der Platz neben der Haupthalle wird für das künftige Besucher- und Informationszentrum des Flughafengebäudes benötigt.

Inhaberin Sigrid Rückert (68) konnte es gar nicht glauben, als sie im November Post erhielt. Darin teilte ihr die Tempelhof Projekt GmbH im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen die fristgerechte Kündigung ihres Mietvertrags zum 28. Februar mit. Ihr Theater, seit 1995 im Flughafen zu Hause, sollte innerhalb von drei Monaten ausziehen. Rückert konnte einen halbjährigen Aufschub aushandeln, Ende August ist jedoch Schluss. „Für mich ist schon ein bisschen eine Welt zusammengebrochen“, sagt Susanne Schüttfort. Zusammen mit ihrem Bühnenpartner Sergey Beliakov zeigt sie im Theater seit acht Jahren eine Comedy-Magie-Show. „Schockiert“ war auch Hans-Jürgen Mond. „Damit hört wahrscheinlich meine Laufbahn als Zauberer auf“, so der 71-Jährige, der als „Mondini“ seit 1999 Kinder und Erwachsene begeistert.

Dem Theater wurde vermutlich seine Lage direkt links vom Eingang zur Haupthalle zum Verhängnis. Die Senatsverwaltung teilte auf unsere Anfrage mit, dass es ab September zum Besucher- und Informationszentrum ausgebaut wird. Von dort sollen die Flughafenführungen starten. Vorgesehen sind ein Aufenthaltsbereich, Gastronomie, Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen. „Das Besucherzentrum ist neben der Geschichtsgalerie auf dem Dach und der Entwicklung des Kopfbaus Ost mit dem Tower ein zentrales Projekt der touristischen Erschließung“, heißt es. Als Alternative wurde dem Theater das leerstehende Casino nebenan angeboten, jedoch nur als Übergangsstandort für längstens ein Jahr. Doch wer würde dort für viel Geld ein Theater einbauen, das er ein Jahr später wieder verlassen muss? Für Sigrid Rückert war das nicht akzeptabel. Sie muss ohnehin noch bis 2020 die Kosten für die Einrichtung der „Magic Piano Bar“ neben dem Theatersaal abzahlen. Durch die nun ausbleibenden Einnahmen wird sie auf einem Schuldenberg sitzenbleiben. Die Eröffnung an anderer Stelle käme für sie auch nicht mehr infrage. Berlins ältestes Revuetheater mit mehr als 40 Mitarbeitern wird somit von der Bildfläche verschwinden.

Gegründet wurde es vor fast 50 Jahren in der Waitzstraße als „Red Rose“. Heimat war später über viele Jahre das Europa-Center am Breitscheidplatz. Die Mischung aus Nachtclub und Theater lockte viele Prominente an – Harald Juhnke und Udo Lindenberg waren Stammgäste. 1995 fanden Sigrid Rückert und ihr Mann Peter im Flughafen Tempelhof einen neuen Standort. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes im Juli 2014 führte Rückert unter großer Anstrengung das Theater allein weiter. Als sie vor zwei Jahren kurz vor dem Aus stand, meldete sich die „Sixx Paxx GmbH“. Sie unterstützte Sigrid Rückert finanziell und trat im Gegenzug mit dem eigenen Ensemble hier auf. Seitdem gibt es eine ungewöhnliche Koexistenz. „La vie en rose“ mit Zauberei-, Travestie-, Tanz- und Gesangsaufführungen und das „Sixx Paxx Theater“, eine akrobatische Strip-Show junger Männer.

„Wir brauchen jetzt ganz dringend eine neue Location“, sagt deren Geschäftsführer David Joachimstaler (30). Für das „Sixx Paxx Theater“ wird es definitiv weitergehen. Doch weil er seiner Crew aktuell keine sichere Zukunft bieten kann, könnte diese sich nach anderen Optionen umsehen. Er müsste eventuell schon bald ein komplett neues Ensemble zusammenstellen. David Joachimstaler, Sigrid Rückert und ihre Mitarbeiter – sie sind die großen Verlierer der Senatspläne für das Flughafengebäude.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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