Eintauchen in ein tiefes Blau
Ayumi Yamamoto färbt Kleidung mit Indigo
Ein wenig merkwürdig sieht es aus, was Ayumi Yamamoto da in einem Kochtopf zusammengerührt hat. Eine dunkelblaue Brühe mit einer dicken Schaumschicht, die etwas modrig riecht. Während der Betrachter noch rätselt, wofür das wohl gut sein könnte, ist Yamamoto bereits voll in ihrem Element.
Die Japanerin geht einem traditionellen Handwerk aus ihrer Heimat nach. Sie färbt Stoffe mit Indigo, einem tiefblauen Farbstoff, dessen Herstellung langwierig und kompliziert ist. Er wird aus der Indigopflanze gewonnen. Deren Blätter werden fermentiert – 120 Tage lang unter strenger Bewachung. Heute gibt es in Japan nur noch sechs Meister, die die traditionelle Indigo-Produktion vom Anbau bis zur Gewinnung des Pulvers beherrschen. „Manche Leute sagen, es könnte sein, dass diese Tradition verschwindet“, erzählt Ayumi Yamamoto.
Sie hat das Färben mit Indigo für sich entdeckt, weil sie mehr über die japanische und damit ihre eigene Kultur erfahren wollte. Die Idee kam ihr erst vor einigen Jahren. Zuvor hatte sie in Tokio Fashion-Design studiert und anschließend verschiedene Länder bereist. In Guatemala lernte sie beispielsweise traditionelles Weben. 2007 zog die heute 36-Jährige nach Berlin, um Textil- und Flächendesign an der Kunsthochschule Weißensee zu studieren. Ihre Entscheidung, die Heimat zu verlassen, war in erster Linie eine Kostenfrage. „Hier in Deutschland konnte ich kostenlos studieren. Das fand ich unglaublich, weil ein Studium in Japan sehr viel Geld kostet“, berichtet sie. Nach dem Studium machte sie sich selbstständig und gründete ein Färbereistudio. Das nötige Wissen holte sie sich in Tokio. Dort besuchte sie 2016 einen Indigo-Färbemeister und lernte in einer Färberei, die „hundertprozentig natürlich mit Indigo färbt“.
Im Hinterhof eines alten Backsteingebäudes in der Ringbahnstraße hat sie in einem kleinen Raum alles zusammengetragen, was sie für ihre Arbeit braucht. Auf einer mit blauen Flecken übersäten Arbeitsplatte stehen Töpfe und Schüsseln mit Wasser. Daneben liegen Schablonen aus Holz. Ihr Mann Shigeki Yamamoto, der als Tischler arbeitet, hat sie angefertigt. Das Wichtigste aber befindet sich in einem Einwegglas: das Indigo-Pulver. Einmal im Jahr reist sie in ihre Heimat, um gleich einen 50-Kilo-Sack zu kaufen.
Um die Farbe kunstvoll auf das gewünschte Kleidungsstück zu bekommen, gibt es verschiedene Techniken, die Ayumi Yamamoto in Workshops zeigt. In dem dreistündigen Kurs färben die Teilnehmer ihre eigenen Stoffe. Am Ende nehmen sie einen Schal und eine Einkaufstasche mit einem schönen Muster mit nach Hause. Eine mögliche Methode ist das Färben mit einer Zwinge. Darin wird der Stoff zusammen mit einer Schablone eingespannt, zusammengepresst und anschließend in den Farbstoff hineingetaucht. Dort, wo die Schablone auf den Stoff trifft, bleibt er weiß. Eine andere Methode ist die Shibori-Technik. Dabei wird der Stoff mit einer dünnen Schnur umwickelt, die die weißbleibenden Stellen markiert. Die Ergebnisse sehen beeindruckend aus.
„Es ist schön, mit der Natur zu arbeiten. Die Farbe von Pflanzen ist für mich besonders“, sagt Yamamoto. Durch die Arbeit mit Indigo entstehen auch keine giftigen Farbdämpfe, vor denen sie sich schützen muss. Außerdem hat Indigo den Vorteil, das es auch beim x-ten Waschgang nicht verbleicht. Nur einen kleinen Nachteil gibt es. Fingernägel und Finger bleiben ebenfalls blau.
Infos zu Workshops auf Facebook unter https://www.facebook.com/Indigo-Studio-LEM-179228706020995/ oder per E-Mail an aizomeworkshop@gmail.com. Die Teilnahme kostet 45 Euro.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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