„Das Wasser treibt mich her“: Warum Jana Ritter am liebsten den Tempelhofer Hafen fotografiert
Am frühen Nachmittag mitten in der Woche ist es ruhig im Tempelhofer Hafen. Die meisten Leute befinden sich noch bei der Arbeit. Nur wenige Fußgänger spazieren am Wasser entlang. Jana Ritter liebt die Atmosphäre – egal ob ruhig wie in diesem Moment oder belebt wie am Wochenende und im Hochsommer.
Ein- bis zweimal wöchentlich ist die Fotografin hier. Die Kamera hat sie fast immer dabei. In den vergangenen Jahren hat Ritter den Tempelhofer Hafen zu jeder Jahreszeit und nahezu jeder Uhrzeit fotografiert. Rund 1000 Aufnahmen sind dabei zustande gekommen. „Im Sommer, wenn so gegen vier oder fünf Uhr morgens die Sonne aufgeht, hat der Hafen etwas sehr Verwunschenes. Dann wird Tempelhof erst wach“, erzählt sie. Am liebsten betrachtet sie durch ihr Objektiv das gegenüberliegende Ullsteinhaus oder die beiden alten Kräne. „Ich finde es toll, dass man sie so belassen hat. Außerdem gefällt mir, wie behutsam die Fachwerkbauweise mit den alten Speicherfenstern erhalten wurde.“
Das erste Mal wahrgenommen hat Ritter den Hafen vor gut zehn Jahren. Als das Areal ab 2007 umgebaut wurde, schaute sie immer neugierig durch eine kleine Öffnung im Bauzaun, um die Fortschritte zu beobachten. „Dass aus diesem dreckigen Stück Senatsreservelager so etwas Schönes geworden ist“, sagt sie fasziniert. Vor allem das Wasser locke sie immer wieder her. „Im Hochsommer, wenn hier Musik gespielt wird, hat der Hafen ein sehr maritimes, fast schon südeuropäisches Flair. Die Leute holen sich ein Fischbrötchen und setzen sich ans Ufer." Die Liebe zum Wasser hängt auch mit ihrer Vergangenheit zusammen. In den Neunzigern wohnte sie mehrere Jahre mit einer Freundin zusammen in Amsterdam, wo das Stadtbild durch Grachten, Brücken und Boote geprägt ist.
Mit seinem Erscheinungsbild ähnelt der Tempelhofer Hafen zumindest ein wenig der niederländischen Hauptstadt. Ein einheimischer Fotograf habe ihr damals empfohlen, sich auf die Fotografie zu spezialisieren, erzählt Ritter, die sich auch in der Malerei ausprobierte und Musik spielt. Außerdem arbeitete sie als Kulturwissenschaftlerin und Museumspädagogin für die Neue Nationalgalerie und den Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart. Sie führte interessierte Gruppen dabei etwa durch den Tempelhofer Hafen, um über die Geschichte des Ortes und das Leben im Bezirk zu informieren.
Wenn Jana Ritter über ihre Fotos spricht – zwölf von ihnen sind aktuell in der ufaFabrik ausgestellt – gerät sie wegen der Möglichkeiten in Berlin regelrecht ins Schwärmen. „Berlin hat so viele skurrile und fröhliche Momente, witzige Bemerkungen von Leuten an Häusern oder Bäumen“, erzählt sie. Am liebsten fotografiere sie Architektur und Details, die sie auf der Straße entdeckt. „Am Motiv ändere ich nichts. Ich fotografiere alles so, wie es mir vor die Linse kommt.“ Dazu zählen auch Verkehrszeichen mit Pfeilen, die auf etwas hinweisen. „Auf den zweiten Blick möchte ich den Betrachter irritieren.“ Die meisten ihrer Fotos konvertiert sie im Nachgang in Schwarz-Weiß. „Farben lenken manchmal ab. In Schwarz-Weiß kann man sich besser auf Details konzentrieren und erkennt oft mehr auf einem Foto.“
In den kommenden Wochen wird Jana Ritter eine neue Wohnung in Tempelhof beziehen. Auch wenn ein Umzug oft mit Stress verbunden ist, bringt es in diesem Fall einen großen Vorteil mit sich. Die neue Wohnung liegt wesentlich näher am Tempelhofer Hafen als die jetzige. Somit kann Ritter in Zukunft ihrem Lieblingsort im Bezirk ganz nah sein.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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