Ein Mettigel aus Reiswaffeln
Ein paar getrocknete Kräuter in Gemüsebrühe geben, dazu Tomatenmark, Zwiebeln, Paprika, Tomaten und zerkleinerte Reiswaffeln. Zusammen ergibt das ein veganes Mett. Und das Verblüffende: Auch für einen leidenschaftlichen Fleischesser wie den Autor dieses Textes ist ein Unterschied zum klassischen Hackepeter kaum herauszuschmecken.
Michaela Geissler (52) hat viele solcher Rezepte im Kopf. Seit ihrer Ernährungsumstellung vor drei Jahren ist sie zu einer Expertin der veganen Kost geworden. In der ufaFabrik lädt sie einmal im Monat zu einem „Veganen Mitbring-Brunch“ ein. Dort werden Rezepte ausgetauscht, Tipps gegeben und natürlich auch Speisen probiert. Manchmal ist auch Geissler noch überrascht von den Ideen der Teilnehmer. „Wir haben vor Kurzem einen veganen Räucherlachs gekostet. Dafür werden Möhren blanchiert, in Streifen geschnitten und mit Rauchsalz und geräuchertem Paprikapulver gewürzt“, erzählt sie. Der Geschmack sei von echtem Räucherlachs kaum zu unterscheiden gewesen.
Die Entscheidung, sich vegan zu ernähren, traf Geissler am 31. März 2015 mit dem Ende der Milchquote. Seitdem dürfen Landwirte in der EU wieder ohne Einschränkungen Milch produzieren – sehr zum Vorteil großer Unternehmen, während kleinere Landwirte nicht konkurrieren können. „Da habe ich beschlossen, dass ich ab sofort keine Milchprodukte mehr möchte“, sagt sie. Zuvor war sie bereits mehr als zehn Jahre Vegetarierin, was die Umstellung erleichterte. Eine Radikalkur sei nicht empfehlenswert. Wer auf vegan umstellen möchte, sollte dies langsam tun. Ihr Tipp: zunächst nur ein Lebensmittel, zum Beispiel Eier, weglassen. Bei ihr habe die vegane Kost bereits nach zwei Wochen spürbare Wirkung gezeigt. „Ich hatte immer Schlafstörungen, doch dann konnte ich plötzlich wunderbar schlafen.“ Der Verzicht auf Joghurt und Milch sei dafür entscheidend gewesen.
Wenn Michaela Geissler an ihre frühere Ernährung zurückdenkt, vermisse sie nichts. Den Kaffee trinkt sie heute mit Hafermilch. Die Kombination aus Tofu, Kurkuma und Kala-Namak-Salz (auch Schwefelsalz genannt) dient als Ersatz fürs Rührei. Bulgur sowie Dinkel stehen ebenfalls auf dem Speiseplan. „Mein neues Highlight sind Cashewkerne. Daraus lassen sich leckere Desserts und Brotaufstriche machen, wenn man sie aufweicht, püriert und würzt“, erzählt Michaela Geissler. Ihrer Erfahrung nach komme jeder, der ein bisschen kochen kann, gut mit veganer Ernährung zurecht. Man müsse allerdings die Vielfalt entdecken und auch experimentieren.
Das Leben als Veganerin bringt jedoch auch einige Schwierigkeiten mit sich. Das lebensnotwendige Vitamin B12, das fast nur in Fleisch enthalten ist, muss sie durch ein Nahrungsergänzungsmittel kompensieren. Darüber hinaus lässt sie alle zwei Jahre ihr Blutbild untersuchen. Dass sie in ihrer Familie sowie im Arbeits- und Freundeskreis die Einzige ist, die ausschließlich auf pflanzliche Produkte setzt, macht es nicht leichter. „Ich werde schon gar nicht mehr zum Essen eingeladen, weil alle damit überfordert sind“, erzählt Michaela Geissler lachend. „Daher musste ich mir jemanden suchen, mit dem ich mich austauschen kann.“
Obwohl Berlin als „vegane Hauptstadt“ über eine große Szene und inzwischen auch etliche vegane Restaurants verfügt, stellte Michael Geissler fest, dass Tempelhof noch so gut wie gar nichts anbiete. Daher nahm sie die Sache vor einem Jahr selbst in die Hand. Seitdem leitet sie den „Veganen Mitbring-Brunch“ in der ufaFabrik. „Ich dachte mir, dass ich bestimmt nette vegane Nachbarn habe, die ich so kennenlernen kann“, sagt sie. Nächster Termin ist am Sonntag, 22. April, von 11 bis 14 Uhr im Familientreffpunkt des Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrums, Viktoriastraße 13. Die Teilnahme kostet 3,50 Euro. Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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