Vernunft und Unvernunft dicht beisammen
Ein Rundgang übers Tempelhofer Feld mit Blick auf die Corona-Verhaltensregeln

So sollte es nicht sein. Diese zwei Pärchen sitzen definitiv zu eng zusammen. | Foto: Philipp Hartmann
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  • So sollte es nicht sein. Diese zwei Pärchen sitzen definitiv zu eng zusammen.
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Trotz Wind und etwas niedrigerer Temperaturen war das Tempelhofer Feld am Sonntag sehr gut besucht. Tausende Berliner nutzten bei strahlendem Sonnenschein den letzten Tag der Osterferien für einen Ausflug. Berliner-Woche-Reporter Philipp Hartmann ist mit dem Fahrrad einmal die große Runde abgefahren. Er hat dabei beobachtet, dass sich die meisten, aber längst nicht alle an die Abstandsregeln halten.

Direkt am Eingang Tempelhofer Damm wartet Mohamad Akkad. Der Mitarbeiter der Parkaufsicht vom Unternehmen „Dussmann Service“ drückt den Besuchern Zettel mit Verhaltensregeln in die Hand. Nach den vergangenen Wochen dürften diese inzwischen fast alle mitbekommen haben. Gruppen sollen demnach nicht gebildet werden. Allein oder zu zweit unterwegs zu sein, ist erlaubt. Größere Ansammlungen von Menschen sind nur gestattet, wenn diese in einem Haushalt leben. Zwischen zwei Personen ist ein Mindestabstand von anderthalb Metern einzuhalten, bei Erholungspausen auf der Wiese fünf Meter zu anderen Parkbesuchern. Picknicken und Grillen bleiben verboten. „Bitte halten Sie sich an die Regeln. Dies dient Ihrem eigenen Schutz und dem Ihrer Mitmenschen. Verstöße werden durch die Ordnungsbehörden verfolgt und mit Bußgeldern belegt“, teilt die für das Tempelhofer Feld zuständige Grün Berlin GmbH mit. Das bestätigt auch Mohamad Akkad. „Die Polizei kontrolliert stündlich“, berichtet er. Seiner Beobachtung nach halten sich die Besucher jedoch an die Regeln.

Ähnlich äußert sich ein älterer Herr, der am südlichen Rand des Felds auf einem Gummiband zwischen zwei Bäumen balanciert. „Ich gebe Ihnen kein Interview, vergessen Sie‘s!“, sagt er. Einen Satz lässt er sich aber doch entlocken. „Die Leute sind alle vernünftig.“ Nur 50 Meter weiter ist diese Aussage widerlegt. Dort haben es sich sieben Männer mit einem Bierkasten im Halbschatten gemütlich gemacht. Immer wieder sind außerdem Jugendliche in Dreiergruppen zu sehen, die augenscheinlich nicht unter einem Dach leben. Auf den asphaltierten Strecken werden die Regeln dagegen eingehalten. Spaziergänger, Fahrradfahrer und Skater sind entweder allein oder zu zweit unterwegs. Eine Maske, wie von der Bundesregierung in der vergangenen Woche „dringend empfohlen“, trägt kaum jemand. Ausnahme ist kurioserweise eine Dame, die mir mit einem Coffee-to-go-Becher in der Hand auf einem Fahrrad entgegenkommt. Die Schafherde auf dem abgesperrten südöstlichen Bereich lässt sich von der Handvoll Beobachter hinter dem Zaun nicht stören. Einen Mindestabstand halten die Tiere natürlich nicht ein, doch sie sind die einzigen, die deswegen nicht mit einem Bußgeld rechnen müssen.

Auf den Freiflächen haben sich die Besucher großzügig verteilt. Voll ist es allerdings in der Nähe der Eingänge, vor allem am östlichen Eingang Oderstraße auf Neuköllner Seite. Vor dem Getränkeausschank in der Nähe des Eingangs Columbiadamm wiederum verhalten sich die Menschen vorbildlich. In der Warteschlange wird auch ohne Bodenmarkierung ein deutlicher Abstand gelassen. „Wir bitten um Verständnis, dass wir nur Außerhausverkauf durchführen dürfen. Kein Aufenthalt im Biergarten“, steht auf einem Schild am Tresen. Trotz der langen Wartezeit wirken die Besucher entspannt. Ein paar Meter weiter wird offenbar Kindergeburtstag gefeiert. Sechs Kinder spielen zusammen auf einer Decke, während zwei Mütter mit Sekt anstoßen und „alles Gute“ zu einem der Jungen rufen. Erlaubt ist das nicht.

Allein anzutreffen ist an diesem Nachmittag Erik Thiel, der im Schneidersitz auf einem Stapel Europaletten Platz genommen hat. Der 34-Jährige ist extra aus Charlottenburg zum Tempelhofer Feld gefahren, um an der frischen Luft ein Buch zu lesen. Weil er aufgrund seines Jobs in der durch das Coronavirus stillgelegten Filmbranche aktuell nicht arbeiten kann, kommt er beinahe täglich. Zu Hause fühle er sich eingesperrt. „Ich habe das Gefühl, die Leute achten mehr auf Abstände und sind ein bisschen mehr beieinander“, erzählt er. Begegnungen mit Freunden und Bekannten seien in den vergangenen Wochen zwar seltener geworden, dafür aber auch irgendwie schöner und intensiver. Nach anderthalb Stunden endet die Tour am Tempelhofer Damm. Fazit: Ein Großteil der Menschen befolgt die vorgegebenen Regeln. Einige, vor allem jüngere Besucher, nehmen es damit jedoch nicht so genau.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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