Eine vielseitige Künstlerin
Karin Böttcher malt, schreibt Gedichte und stellt erstmals aus
„Bin wie ein Wirbelwind, selbst als Schnecke geschwind, renne und renne, dem Leben voraus, wie ein Sturm im Getriebe, halte Ruhe kaum aus.“ Mit diesen Worten beschreibt Karin Böttcher sich selbst in einem ihrer Gedichte. Ihre Kreativität lebt die 67-Jährige außerdem in der Malerei aus. Nun präsentiert sie ihre Werke erstmals vor Publikum.
Als wir die Künstlerin neun Tage vor ihrer ersten Ausstellung treffen, ist sie mächtig aufgeregt. „Ich kriege eine Panikattacke nach der nächsten und mache alle Leute um mich herum verrückt, mich eingeschlossen“, gibt sie einen Einblick in ihr Innenleben. Die Möglichkeit, im Rathaus Tempelhof ausstellen zu dürfen, bot ihr Kulturstadträtin Jutta Kaddatz an.
Karin Böttcher, die sich seit drei Jahren ehrenamtlich in der Seniorenvertretung des Bezirksamts engagiert, hatte ihr Hobby zuvor in einem Gespräch mit Kaddatz erwähnt. Die Kunst begleitet sie schon seit langer Zeit. Nachdem sie Mitte der 90er-Jahre in Frührente ging, schloss sie sich einer Malgruppe an. Mit dieser reiste sie in den Spreewald und nach Siena in die Toskana, wo sie ihre ersten Werke, die Häuser und Strände zeigen, auf die Leinwand brachte. Ein gewisses künstlerisches Verständnis brachte die gelernte Technische Zeichnerin für Inneneinrichtung bereits mit.
Heute malt Karin Böttcher einmal wöchentlich im Offenen Atelier im St.-Hedwig-Hospital. Auf eine Technik festlegen möchte sie sich nicht. „Ich zeichne gerne mit Bleistift und male mit Spachtel“, sagt sie. Bevorzugt nimmt sie lediglich die drei Grundfarben Gelb, Rot und Blau zur Hand, mit denen sie verschiedenste Farbtöne mischt. Außerdem stellt sie Collagen mit Topfkratzern, Schwämmen und Stoff her. Ihre Arbeiten sind eher abstrakt. Seit einiger Zeit wagt sie sich auch an Gesichter heran. Grund dafür ist ihr vierjähriger Großneffe, dessen Porträt sie zum Geburtstag auf eine Grußkarte malte. Auftragsarbeiten sind dagegen nicht ihre Sache. „Unter Druck malen kann ich nicht“, gesteht sie. Geld mit der Kunst zu verdienen, das sei aber ohnehin nicht ihr Ziel.
Neben der Malerei schreibt Karin Böttcher seit Ende der 90er Gedichte. „Damals bin ich viel durch die Stadt gelaufen – und sowieso immer viel unter Menschen“, erzählt sie. Gern setzt sie sich einfach ins Café, beobachtet und hört zu. „Ich habe immer ein Schreibheft in der Tasche, egal wo ich hingehe, schreibe meine Notizen auf und daraus werden dann Gedichte.“ Darin befasst sie sich unter anderem mit sozialpolitischen Themen und Alltagsgeschichten. Es geht um Menschen, die im Jobcenter auf ihren Termin warten, die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen oder darum, wie sie selbst noch heute im Supermarkt jeden Preis in D-Mark umrechnet. Ein guter Freund brachte sie auf die Idee, ihre vielen, im Laufe der Jahre entstandenen Werke in ihren Computer einzugeben. Diese kombinierte Karin Böttcher mit ihren Malereien und Fotos und gestaltete daraus zwei Bildbände mit Gedichten. Von Sprache sei sie schon immer fasziniert gewesen. „Mir gefällt, dass man mit Worten so tolle Sachen ausdrücken kann.“ Auch in Zukunft wird sie weitermachen, denn beim Malen und beim Schreiben kommt sie zur Ruhe und ist ganz in ihrem Element.
Karin Böttchers Ausstellung „ZwischenWelt und Alltag“ mit 24 Kunstwerken ist vom 11. Oktober bis 8. November im „Salon im Lichthof“ im Rathaus Tempelhof zu sehen. Bei der Eröffnung am Freitag um 18.30 Uhr liest sie mit musikalischer Begleitung auch einige ihrer Gedichte vor.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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