Der Mann, der den Hammer schwingt
Michael Lehrberger ist Experte für Auktionen und seit 30 Jahren im Geschäft

Letzte Chance, noch ein Gebot abzugeben. Haut Michael Lehrberger mit seinem Auktionshammer auf den Tisch, ist das Objekt verkauft. | Foto: Philipp Hartmann
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  • Letzte Chance, noch ein Gebot abzugeben. Haut Michael Lehrberger mit seinem Auktionshammer auf den Tisch, ist das Objekt verkauft.
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Als im Januar der Nachlass von „Winnetou“-Darsteller Pierre Brice versteigert wurde, war dem Auktionshaus Historia die Aufmerksamkeit gewiss. Für Michael Lehrberger endete damit zugleich eine anderthalb Jahre lange Vorbereitung. Gemeinsam mit der Witwe des Schauspielers hatte er dessen gesamtes Archiv auf den Kopf gestellt.

„Der Mann hat alles aufgehoben, von der Ankündigung seiner Geburt bis zum letzten Liebesbrief an seine Frau. Sie müssen dann jeden Brief lesen. Da darf nichts drinstehen, was vielleicht doch zu intim ist. Das war richtig viel Arbeit“, blickt er zurück. 1989 erhielt Lehrberger seine Lizenz. Seit inzwischen 30 Jahren leitet der heutige 56-Jährige Auktionen. Den Beruf entdeckte er für sich, als er während seines Biologie-Studiums in München nebenher in einem Auktionshaus jobbte. „Ich habe seitdem nicht eine Sekunde Langeweile gehabt. Jede Auktion ist anders.“ Als Auktionator ist er bei Historia fest angestellt. Im vergangenen Jahr erst zog man aus Schöneberg in die Manteuffelstraße 27 in Tempelhof. Lehrberger kommt jedoch nur zu den Auktionen, die alle acht bis zehn Wochen stattfinden, aus seinem Schweizer Wohnort Winterthur nach Berlin.

Dazwischen ist er viel unterwegs, reist unter anderem nach Rom und Florenz, schaut sich Museen und Ausstellungen an. „Auktionen gut zu machen, heißt, viel Hintergrundwissen zu sammeln und sich möglichst viel merken zu können – neben der frechen Klappe“, erklärt er. So könne er sich währenddessen vollständig auf die Bieter konzentrieren. Wer sich nicht für Kunst und Antiquitäten interessiere, könne wohl auch als Auktionator arbeiten. Geschichten und Anekdoten sowie vergangene Auktionspreise seien jedoch die entscheidenden Informationen, um die Kunden zu Geboten zu motivieren. „Die Leute kaufen ein Bild, aber auch die Geschichte“, ist sich Michael Lehrberger sicher.

Bevor eine Auktion zustande kommt, ist einiges an Vorarbeit nötig. Wer Objekte, die aus Haushaltsauflösungen stammen, die geerbt oder gesammelt wurden, loswerden möchte, kann diese dem Auktionshaus anbieten. Sie werden begutachtet und der Wert eingeschätzt. Für jede Abteilung, zum Beispiel Porzellan, Schmuck, Uhren oder Gemälde, arbeiten bei Historia Experten. Hinzu kommen Mitarbeiter in der Logistik und im Versand. Haben Zulieferer und Auktionshaus die Konditionen vereinbart, zu denen die Waren veräußert werden sollen, werden diese für den Katalog und das Internet vermessen, fotografiert und ausführlich beschrieben. Bei der anschließenden Besichtigungsphase haben interessierte Kunden die Möglichkeit, den Kunsthistorikern Fragen zu stellen. Das Know-how der potenziellen Käufer sollte dabei niemals unterschätzt werden. „Sie ahnen nicht, was Kunden für Spezialwissen haben. Ich keine einen, der hat das Mozarteum in Salzburg geleitet und kann Ihnen für jeden Tag, an dem Mozart gelebt hat, sagen, was er da gemacht hat. Ich wüsste niemanden, der ihm das Wasser reichen könnte“, so Lehrberger.

Bei einer Auktion wird in Echtzeit geboten, direkt vor Ort und weltweit über das Internet. Bieter aus den USA und China sind via Livestream dabei. Gelegentlich geht es auch mal hitzig zu. Da kann beispielsweise ein Gemälde eines polnischen Künstlers schnell zur nationalen Angelegenheit werden, wenn polnische Kunden das Objekt unter keinen Umständen einem deutschen Interessenten überlassen wollen. Auch nach 30 Jahren im Geschäft erlebt Lehrberger Überraschungen. Immer wieder kommt es vor, dass er bei Objekten ums Limit kämpfen muss, bei denen er eigentlich einen hohen Verkaufspreis erwartet hätte. Bei anderen wiederum schießen die Preise derart in die Höhe, dass auch er aus dem Staunen kaum herauskommt. Sein kuriosestes Stück war ein Holzbein von 1870, das 2700 Euro einbrachte. Sein teuerstes ein Oldtimer für 120 000 Euro. „Davon gab es nur fünf. Zwei hatte der amerikanische Präsident, einen der Papst“, erzählt Michael Lehrberger. Jahrelang hat er auch gemeinsam mit Wolfgang Pauritsch, bekannt aus der ZDF-Sendung „Bares für Rares“ (sitzt stets in der Mitte) Objekte versteigert. „Es ist ein tolles Format und vielleicht interessiert man mehr Leute dafür“, sagt er. Beeinflusst habe der Erfolg der Show die Auktionen jedoch nicht.

Anfang Juni findet die nächste Auktion statt. Dann wird der Nachlass eines Zauberkünstlers versteigert.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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