Mit Thomas Moser über das Gelände der ufaFabrik
Der Tempelhofer Hafen ein einziger Schrottplatz, das Speichergebäude Senatsreservelager für den Fall einer erneuten Berlin-Blockade und das Ullsteinhaus noch vor der Neuerfindungsphase. Dazwischen der Teltowkanal und ringsum nichts los.
Das war die Situation, in der sich Thomas Moser, Jahrgang 1956, Mitte der 1980er-Jahre aus Lichtenrade Jahre zugezogen, wiederfand. Das Lichtenrader Urgewächs, Mitarbeiter des Jugendamts und jetzt Lichtenrader Internet-Kiezreporter, hatte geheiratet. Das erste Kind, ein Sohn, war unterwegs und Familie Moser brauchte dringend eine größere und bezahlbare Wohnung, die sie schließlich in der Burgemeisterstraße fand.
Aber der Tempelhofer Kiez hielt keinem Vergleich zu Mosers geliebtem und beschaulichem Lichtenrade stand. „Das war zuerst wie auf einem anderen Planeten“, erinnert er sich noch Jahrzehnte später. Das änderte sich aber schlagartig, als Thomas Moser ein paar Straßenecken weiter die damals noch einigermaßen umstrittene ufaFabrik neben dem Finanzamt in der Viktoriastraße entdeckte. „Ich hatte zwar davon gehört, aber keine Vorstellung, was da eigentlich wirklich passierte.“
Das lange leerstehende Gelände mit dem einstigen Filmkopierwerk war erst wenige Jahre zuvor von einer Hippie-Kommune besetzt worden und befand sich in der Entwicklung zu der weithin bekannten und renommierten Kulturfabrik, die sie heute ist. Inzwischen hatte auch Mosers zweiter Sohn das Licht der Welt erblickt und so besuchte der stolze Papa bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit seinen Kindern die ufaFabrik. Die waren vor allem vom Kinderbauernhof sowie vom in den Anfängen befindlichen Kinderzirkus begeistert.
Und der Herr Papa war nicht minder begeistert. „Was mich faszinierte und heute immer noch fasziniert, ist wohl das Freakige und Alternative, das einen sofort einfängt, sobald man das Gelände betritt. Quasi eine andere Welt und für mich eben immer noch einfach auch ein Stück anderes liebenswertes Leben.“ Dazu gehörte auch ein bestimmtes Lebensmittel. „Den herrlich appetitlichen Geruch des täglich frisch gebackenen Brotes habe ich immer noch in der Nase“, erzählt Moser genüsslich. Dazu schwärmt er, der jetzt wieder in Lichtenrade zu Hause ist, von dem tollen Kulturprogramm mit Kabarett und Musik, wobei er insbesondere noch die Terra Brasilis-Trommelklänge im Ohr hat. Er erinnert sich an Begegnungen mit dem stadtbekannten Charlie Chaplin-Double (Claus Josef Richter) und an unzählige Besuche des Café Olé. „Sehr gemütlich und mit einem besonderen Charme, vor allem im Sommer.“
Das Wetter ist beim Ortstermin mit der Berliner Woche allerdings eher ungemütlich, schließlich ist schon November. Tische und Stühle im Außenbereich sind zusammengestellt. Kein Mensch will mehr draußen sitzen. Außer Thomas Moser: Um seinen Erinnerungen besser nachzuhängen, bestellt er sich einen Milchkaffee. Der ihm auch prompt von Kerstin Zobel serviert wird, als sei ein einsam im Nieselregen sitzender Mann das Normalste der Welt. Das ufaPersonal ist schräge Typen gewohnt und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Dafür hat Moser einige Verbesserungsvorschläge: „Habe mir immer gewünscht, dass man hier eine einfache Schmalzstulle bekommt und toll wäre auch ein direkter Zugang zum Teltowkanal. Aber auch ohne dies stellt er fest: „Ich liebe halt die ufaFabrik!“
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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