Im Rollstuhl um die Welt
Petra und Horst Rosenberger leben trotz körperlicher Behinderung ihren Traum

Bei seinen Reisen trägt Horst Rosenberger immer einen Hut. Er und seine Frau Petra sind echte Weltenbummler. Das Paar wohnt in Mariendorf. | Foto: Philipp Hartmann
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„Fünf von sieben haben wir“, sagt Horst Rosenberger (63). Er meint die Kontinente. Bis auf Südamerika und die Antarktis haben er und seine Frau Petra (66) alle besucht. „Als Jugendliche im Rollstuhl konnten wir uns das nicht vorstellen“, erzählt sie. Das Paar überkommt immer wieder die Lust, etwas Neues zu sehen. „Wir sind dankbar und glücklich, das alles erleben zu dürfen“, betonen beide.

Kennengelernt haben sie sich in den Siebzigern. Seit 43 Jahren sind sie verheiratet. Sie hat als Diplom-Psychologin gearbeitet, er war Verkaufsleiter, später Freiberufler. Trotz ihres Handicaps waren beide schon immer aktiv. Er spielte gern Rollstuhltennis, sie nahm im Rollstuhlfechten sogar an einer Europameisterschaft teil. Ihre Behinderung, so erklärt Horst Rosenberger, sei die Folge einer Kinderlähmung. Beide leiden am Post-Polio-Syndrom, wobei nach und nach die Muskeln ausfallen. „Alle zwei bis drei Jahre müssen wir unser Leben korrigieren.“ Vor etwa zehn Jahren habe er mit Unterarmstützen noch halbwegs laufen können. Inzwischen haben sie das alte Auto abgeben und ein größeres kaufen müssen, in das sie mit einem Hublift gelangen.

Damit fahren die Mariendorfer oft auch in den Urlaub. „Wir müssen es mitnehmen, weil in Europa keine auf Handbedienung umgebauten Autos zu mieten sind.“ Zuletzt war das Auto ihr Retter in der Not. Von Ende Januar bis Mitte März weilten sie in Portugal, bis aufgrund des Coronavirus überall die Grenzen dichtgemacht wurden. Den Plan, bis Ende April zu bleiben und Lissabon zu besichtigen, mussten sie aufgeben. Von anderen Urlaubern erfuhren sie zunächst von der Schließung der Campingplätze. Als sie die Botschaft kontaktierten, wurde ihnen die schnelle Rückfahrt empfohlen. „An drei Tagen sind wir 3000 Kilometer zurück nach Berlin gefahren. Alle Hotels, Restaurants und Geschäfte waren da bereits geschlossen. Außer den Tankstellen war nichts mehr geöffnet. Wir haben auf Rastplätzen gehalten, im Auto übernachtet und gelebt“, blickt Horst Rosenberger zurück. Diese Tour sei bisher das größte Abenteuer gewesen.

Dabei haben die beiden schon so viele Länder erkundet. Sie waren in Australien und Südafrika, den USA und Kanada, Hongkong und Nepal, Marokko und Ägypten, Schweden, Spanien, Italien und mehrmals in Frankreich. „Jede Reise hat bei uns etwas hinterlassen“, meint Petra Rosenberger. Wenn sie unterwegs sind, erfahren sie immer auch, wie es um die Barrierefreiheit bestellt ist. Deutschland stufen beide diesbezüglich nicht sehr weit vorne ein, obwohl sich mittlerweile viel getan habe. „Die USA, Kanada und Australien sind so gut durchgestylt und rollstuhlgerecht. Da denkst du, du bist im Paradies“, sagt Horst Rosenberger. „Bei einer langen Warteschlange werden Sie in den USA als Rollstuhlfahrer nach vorne gerufen und keiner fängt an zu maulen.“ In Spanien habe nahezu jede Tankstelle ein „Rolli-Klo“. "In Deutschland musst du dich oft erstmal durchfragen, wo man eine rollstuhlfreundliche Toilette findet“, erzählt Petra Rosenberger. Noch ein feiner Unterschied sei die Mentalität der Menschen. Während beispielsweise in Spanien das Personal in Restaurants sehr hilfsbereit sei und spontan Tische zur Seite räume, bekämen sie in Deutschland häufiger als Antwort: „Nein, das geht nicht.“

Ebenfalls ein Klassiker sei die Frage: Wo ist denn Ihr Pfleger? In solchen Momenten spürt Horst Rosenberger, dass sich viele Deutsche offenbar noch immer nicht vorstellen können, dass sie als Rollstuhlfahrer weitestgehend selbstständig zurechtkommen. Hierzulande würden auch Leute ihr Auto auf Behindertenparkplätzen abstellen, weil das Bußgeld dafür so niedrig sei. „In den USA werden dafür 500 Dollar fällig. Das machst du da nur einmal.“ Eine Diskriminierung aufgrund ihrer Behinderung hat das Paar im Ausland nur ein einziges Mal erlebt. Nach ihrer Ankunft am Flughafen in Hongkong wollten die Taxi- und Busfahrer sie nicht mitnehmen. Später wurde ihnen obendrein von offizieller Stelle mitgeteilt, dass sie bei ihrem Besuch im Land keine Unterstützung erwarten dürften. „Trotzdem war es dann noch einer der schönsten Urlaube“, erinnert sich Horst Rosenberger. 20 Jahre sei das nun her. Gute Erfahrungen haben sie immer dann gemacht, wenn sie ganz bewusst in Länder gereist sind, in denen zuvor Olympische und Paralympische Spiele ausgetragen wurden. Die damit einhergehenden Investitionen in die Infrastruktur hätten immer für einen großen Fortschritt hinsichtlich der Barrierefreiheit gesorgt.

Um das Geld für die Reisen zusammenzubekommen, haben die Rosenbergers unter anderem ein Buch geschrieben. In „Überwindung von Grenzen“ erzählen sie von ihren Erlebnissen. Außerdem schreiben sie einen Reiseblog und halten auf Reisemessen Vorträge. Dafür erstellen sie Multimediashows mit Fotos und kleinen Videos, die sie während der Urlaube drehen. Regelmäßig präsentieren sie diese auch in Reha-Kliniken und Selbsthilfegruppen. „Wir möchten Lust aufs Reisen machen, aber auch gerne Menschen Mut machen, die aus dem Leben gerissen wurden, und ihnen zeigen, was trotzdem noch alles möglich ist.“

Mehr über Petra und Horst Rosenberger auf www.hope-rosenberger.de

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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