Tochter und Vater: Nicole und Dietmar Lorenz unterstützen die Kältehilfe
Es ist kurz nach 20 Uhr. Nach und nach treffen die ersten Obdachlosen in der Kältehilfe ein. Nicole Lorenz (40) empfängt sie mit einem Lächeln und verteilt frische Bettlaken, Handtücher, Shampoo und Duschgel. Für sie ist es eine neue Erfahrung und sie sei „schon ein wenig aufgeregt“.
Ein paar Minuten später ist davon jedoch nichts mehr zu spüren. Alles geht seinen gewohnten Gang. Im Hangar 4 des ehemaligen Flughafens Tempelhof stehen bis Ende März 100 Plätze für Obdachlose zur Verfügung. Es gibt Schlafliegen, warme Speisen und Getränke, Dusch- und Toilettenkabinen sowie eine Kleiderausgabe. Für die hauptamtlichen Helfer vom Unionhilfswerk ist ein Abend wie dieser Alltag. Für die freiwilligen Helfer wie Nicole Lorenz ist es jedoch ein Erlebnis, das sie so schnell nicht vergessen werden.
Dabei wusste Lorenz schon vorher einiges über die Kältehilfe. Seit 2009 arbeitet sie für das Unionhilfswerk im Freiwilligenmanagement und sucht dort nach geeigneten Helfern für verschiedene Projekte. Mal geht es um die Betreuung von älteren, mal von jüngeren Menschen. Im Laufe der Jahre hat sie in Gesprächen ein gutes Gespür dafür entwickelt, welche Interessenten zu welchen Projekten besonders gut passen.
Etliche Male hat sie freiwillige Helfer auch schon an die Kältehilfe vermittelt. Vor Kurzem fasste sie den Entschluss, es auch selbst auszuprobieren. Das bedeutet nach einem Acht-Stunden-Tag im Büro vier weitere Stunden im Hangar 4 und danach noch eine Dreiviertelstunde im Auto nach Hause nach Biesdorf.
Vor ihrem ersten Abend fragte sie ihren Vater Dietmar Lorenz (67), ob er mitkommen wolle. Jetzt stehen beide Seite an Seite in der Unterkunft und suchen für Obdachlose geeignete Kleidung aus der Spendensammlung heraus. Berührungsängste hatte auch Dietmar Lorenz nicht. „Ich finde das sehr gut, dass man sich um diese Menschen kümmert. Früher habe ich schwierigen Jugendlichen geholfen – jetzt möchte ich auch hier helfen“, sagt er.
Nach ihrer ersten Schicht war Nicole Lorenz erst kurz vor Mitternacht im Bett. Sie konnte kaum einschlafen, musste erst die vielen Eindrücke verarbeiten. „Am Morgen darauf war ich glücklich zu wissen, dass zirka 35 Menschen im Warmen schlafen konnten, sich über neue Sachen freuen durften – und dass ich im Besitz einer eigenen Zahnbürste bin. Ich denke, wenn man sich in der Kältehilfe engagiert, lernt man bestimmte Dinge besser schätzen und erhält eine andere Sicht auf das Leben“, sagt sie. Nicole und Dietmar Lorenz machen weiter. Fünf weitere Abende haben sie eingeplant.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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