Vom Kritzeln zur Kunst: Bürgermeisterin auf Atelierbesuch bei Wolfgang Wende in Tempelhof
Tempelhof. Bürgermeisterin Angelika Schöttler ist weiterhin in Künstlerateliers des Bezirks unterwegs und hat den Maler und Berliner Woche-Reporter Horst-Dieter Keitel eingeladen, sie auf diesen Streifzügen zu begleiten. jetzt stand ein Besuch beim Tempelhofer Maler Wolfgang Wende auf der Agenda.
Der Lebensweg des 1953 in Solingen geborenen Künstlers der Generation Hippie ist im Grunde so bunt und verschlungen wie die Motive seiner Bilder sind. Unter anderem hat Wende nach einer Kaufmannslehre und bevor er 1976 nach Berlin übersiedelte und zunächst in Kreuzberg strandete, ein paar Jahre auf einem Hausboot in Amsterdam vom Herstellen von Schmuck, Taschen und Gürteln gelebt. Dann hat er sich eine Weile in Kanada, Mexiko und in den USA herumgetrieben, anschließend das Abitur nachgeholt und Philosophie und Germanistik studiert, übte sich in Schriftstellerei und war Sterbebegleiter in einem Hospiz. Bis er Anfang der 1990er-Jahre, „nachdem ich mich irgendwann wundgeschrieben hatte“, so Wende, die bildende Kunst entdeckte und nicht mehr losgekommen ist. „Ich habe einfach mit Kritzeln angefangen und dabei den Kopf frei bekommen“, erinnert er sich.
Heute lebt und arbeitet Wende in seinem Wohnatelier in der Viktoriastraße. Schaut er aus dem Fenster, hat er das gesamte gegenüberliegende ufaFabrik-Gelände im Blick. Die Malerei findet zwischen Bücherregalen, Bett, Blumentöpfen und Schreibtisch statt. Dabei experimentiert Wende nach dem Motto „bloß keine Routine“ mit allerlei unterschiedlichen Techniken und Materialien. Seine Palette reicht von Ölfarbe, Acryl und Tusche über Kreide und Buntstifte bis zu profanen Plastikschalen, in denen beispielsweise Obst und Gemüse zum Verkauf abgepackt wird. Wende hat die unterschiedlich strukturierten Böden und Formen der eigentlichen Wegwerfschalen als veritable Druckstöcke für Monotypien entdeckt.
„Ist ja irre“, findet die Bürgermeisterin. „Darauf muss man erst mal kommen und da ich das jetzt weiß, werde ich beim Einkaufen bei der Verpackung künftig bestimmt noch etwas anders hingucken.“ „Richtig spannend“ findet Angelika Schöttler auch die Titel beziehungsweise Texte zu den Bildern. Zum Beispiel: „Aufgeklappte Paraphrase der Plastination eines extraordinären Exhibitionisten“. Tja, was will der Künstler damit sagen? Wende sagt ganz einfach, dass er die Titel oft zuerst hätte und dann erst das dazu passende Bild schaffen würde. Und, dass es ihm hauptsächlich sowieso „um den Prozess des Malens mit offenem Ausgang“ ginge und das fertige Bild dann sozusagen als Zeugnis dieses Prozesses übrig bliebe. „Im besten Fall bilden Titel und Bild eine Einheit“, so der Künstler. Außerdem verfasst er zu einigen seiner Werke und überhaupt auch noch viel längere Texte, die er neuerdings dem Publikum bei seinen Vernissagen vorliest. Insgesamt ist damit Angelika Schöttlers Tag gerettet und mit einem Kopf voller neuer und interessanter Eindrücke geht’s zurück ins Rathaus. HDK
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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