Kranzniederlegung für Hatun Sürücü
Bürgermeisterin dankt Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung

Angelika Schöttler und Stefan Böltes (vorne) sowie die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Petra Koch-Knöbel und Julia Selge am Gedenkstein für die ermordete Hatun Sürücü. | Foto: Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg
  • Angelika Schöttler und Stefan Böltes (vorne) sowie die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Petra Koch-Knöbel und Julia Selge am Gedenkstein für die ermordete Hatun Sürücü.
  • Foto: Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Am 7. Februar 2005 wurde Hatun Sürücü von ihrem Bruder auf offener Straße erschossen. Zum 16. Jahrestag der furchtbaren Tat legten Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD), Bezirksverordnetenvorsteher Stefan Böltes und die Vorsitzende des Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung einen Kranz am Gedenkstein an der Oberlandstraße nieder.

Der Tod der 23-jährigen Hatun löste damals in ganz Deutschland Entsetzen aus. Die junge Frau, in Berlin geboren, war deutsche Staatsbürgerin mit kurdisch-türkischen Wurzeln. Nach ihrem 16. Geburtstag nahmen ihre Eltern sie vom Gymnasium und zwangsverheirateten sie in Istanbul mit einem Cousin. Sie wurde schnell schwanger, zerstritt sich mit der Familie ihres Mannes und kehrte mit 17 Jahren zusammen mit ihrem kleinen Sohn nach Berlin zurück.

In ihrem Elternhaus hielt sie es nicht lange aus. Sie zog in ein Heim für minderjährige Mütter, legte ihr Kopftuch ab, machte den Hauptschulabschluss und holte sich psychologische Hilfe. Später nahm sie sich eine eigene Wohnung in Tempelhof und begann eine Ausbildung zur Elektroinstallateurin. Sie stand kurz vor der Gesellenprüfung.

Doch am 7. Februar 2005 besuchte sie ihr jüngster Bruder Ayhan. Sie begleitete ihn ein Stückchen auf seinem Heimweg zur Bushaltestelle. Dort fragte der junge Mann: „Bereust du deine Sünden?“ und schoss ihr dreimal in den Kopf.

Hatuns „Sünde“ hatte darin bestanden, dass sie sich nicht den strengen Regeln ihres Elternhauses beugen wollte. Ihr Schicksal führte zu einer Debatte über sogenannte Ehrenmorde. Denn es war offensichtlich, dass Ayhan nicht allein verantwortlich für die Tat war, sondern höchstwahrscheinlich die ganze Familie dahinterstand.

Bürgermeisterin Angelika Schöttler nahm den Todestag von Hatun Sürücü zum Anlass, daran zu erinnern, dass immer noch Mädchen und junge Frauen in ihren Familien unterdrückt werden und Gewalt erleben müssen. Gerade jetzt, während der Pandemie, sei es für viele besonders hart. Denn es fehlen die Ansprechpartner, sei es die Freundin, die Lehrerin oder die Sozialarbeiterin.

Umso wichtiger findet sie den berlinweiten Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung, zu dem sich viele Vereine, Projekte und Einrichtungen und Institutionen zusammengeschlossen haben – die Palette reicht von Frauenhäusern, über den Schwulen- und Lesbenverband bis zur Senatsverwaltung und der Polizei.

Auch Rechtsanwältin Rechtsanwältin Gabriela Lakatos gehört dazu. „Das Schicksal von Hatun Sürücü zeigt, wie wichtig der Kampf gegen die Zwangsverheiratung ist“, sagt sie. Ein großer Schritt sei es, dass die Zwangsverheiratung nicht mehr nur als bloße Nötigung angesehen wird, sondern als eigener Tatbestand gesetzlich unter Strafe gestellt worden ist.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

29 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 457× gelesen
WirtschaftAnzeige
Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk. | Foto: VEAN TATTOO
3 Bilder

VEAN TATTOO
Tätowierer: einer der gefragtesten Berufe unserer Zeit

Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk, das nicht nur künstlerische Fähigkeiten, sondern auch ein tiefes Verständnis des gesamten Prozesses erfordert. In diesem Artikel wird VEAN TATTOO Ihnen die Welt der Tätowierkunst näherbringen und erläutern, warum der Beruf des Tätowierers heute zu den...

  • Mitte
  • 28.10.24
  • 572× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 305× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 432× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.