Kranzniederlegung für Hatun Sürücü
Bürgermeisterin dankt Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung
Am 7. Februar 2005 wurde Hatun Sürücü von ihrem Bruder auf offener Straße erschossen. Zum 16. Jahrestag der furchtbaren Tat legten Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD), Bezirksverordnetenvorsteher Stefan Böltes und die Vorsitzende des Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung einen Kranz am Gedenkstein an der Oberlandstraße nieder.
Der Tod der 23-jährigen Hatun löste damals in ganz Deutschland Entsetzen aus. Die junge Frau, in Berlin geboren, war deutsche Staatsbürgerin mit kurdisch-türkischen Wurzeln. Nach ihrem 16. Geburtstag nahmen ihre Eltern sie vom Gymnasium und zwangsverheirateten sie in Istanbul mit einem Cousin. Sie wurde schnell schwanger, zerstritt sich mit der Familie ihres Mannes und kehrte mit 17 Jahren zusammen mit ihrem kleinen Sohn nach Berlin zurück.
In ihrem Elternhaus hielt sie es nicht lange aus. Sie zog in ein Heim für minderjährige Mütter, legte ihr Kopftuch ab, machte den Hauptschulabschluss und holte sich psychologische Hilfe. Später nahm sie sich eine eigene Wohnung in Tempelhof und begann eine Ausbildung zur Elektroinstallateurin. Sie stand kurz vor der Gesellenprüfung.
Doch am 7. Februar 2005 besuchte sie ihr jüngster Bruder Ayhan. Sie begleitete ihn ein Stückchen auf seinem Heimweg zur Bushaltestelle. Dort fragte der junge Mann: „Bereust du deine Sünden?“ und schoss ihr dreimal in den Kopf.
Hatuns „Sünde“ hatte darin bestanden, dass sie sich nicht den strengen Regeln ihres Elternhauses beugen wollte. Ihr Schicksal führte zu einer Debatte über sogenannte Ehrenmorde. Denn es war offensichtlich, dass Ayhan nicht allein verantwortlich für die Tat war, sondern höchstwahrscheinlich die ganze Familie dahinterstand.
Bürgermeisterin Angelika Schöttler nahm den Todestag von Hatun Sürücü zum Anlass, daran zu erinnern, dass immer noch Mädchen und junge Frauen in ihren Familien unterdrückt werden und Gewalt erleben müssen. Gerade jetzt, während der Pandemie, sei es für viele besonders hart. Denn es fehlen die Ansprechpartner, sei es die Freundin, die Lehrerin oder die Sozialarbeiterin.
Umso wichtiger findet sie den berlinweiten Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung, zu dem sich viele Vereine, Projekte und Einrichtungen und Institutionen zusammengeschlossen haben – die Palette reicht von Frauenhäusern, über den Schwulen- und Lesbenverband bis zur Senatsverwaltung und der Polizei.
Auch Rechtsanwältin Rechtsanwältin Gabriela Lakatos gehört dazu. „Das Schicksal von Hatun Sürücü zeigt, wie wichtig der Kampf gegen die Zwangsverheiratung ist“, sagt sie. Ein großer Schritt sei es, dass die Zwangsverheiratung nicht mehr nur als bloße Nötigung angesehen wird, sondern als eigener Tatbestand gesetzlich unter Strafe gestellt worden ist.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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