Zwei machen den Anfang
Jugendamt startet Fachkräfteoffensive mit dualem Studiengang
Vor drei Jahren, so erzählt Jugendamtsleiter Rainer Schwarz, war die Situation besonders prekär. Viele seiner Mitarbeiter gingen damals in Rente. Die Personalfluktuation war groß und es gab kaum geeignete Fachkräfte, die nachrückten. Es musste sich etwas ändern.
Gut drei Jahre später stellt Schwarz die mögliche Lösung des Problems vor, an der seitdem gearbeitet wurde. Um aktiv dem Fachkräftemangel in den Jugendämtern und dem demografischen Wandel innerhalb der Verwaltung mit Nachwuchskräften entgegenzuwirken, hat das Jugendamt Tempelhof-Schöneberg als eines der ersten in Berlin zwei dual Studierende im Regionalen Sozialdienst (RSD) eingestellt. Der staatlich anerkannte Studiengang „Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendhilfe“ wurde maßgeblich vom Bezirk, der Senatsbildungsverwaltung und der Hochschule für angewandte Pädagogik (HSAP) konzipiert. Zwei Jahre dauerte es allein, die dafür nötigen Lehrstühle einzurichten. Die restlichen Abstimmungen erfolgten dann innerhalb von drei Monaten. Über ein gemeinsames Auswahlverfahren mit den Jugendämtern von Treptow-Köpenick, Mitte und Friedrichshain-Köpenick konnten qualifizierte Bewerber gefunden werden. Im Oktober startete der erste Jahrgang mit insgesamt sieben Studierenden. Ab dem Wintersemester 2019 werden es pro Jahrgang 24 bis 30 sein. „Es wollen alle Bezirke einsteigen“, so Rainer Schwarz.
„Wir warten nicht mehr, bis jemand auf uns zukommt, sondern werben selbst sehr aktiv“, erklärt Bürgermeisterin Angelia Schöttler. Der Studiengang wird ihrer Einschätzung nach „eine große Wirkung haben in den nächsten Jahren“. Die beiden ersten dual Studierenden in Tempelhof-Schöneberg sind Nadia Abokhella aus Neukölln und Anke Redlitz-Daus aus Steglitz-Zehlendorf. Ihr Ausbildungsvertrag sieht vor, zwei Tage pro Woche in der HSAP zu verbringen. Die anderen drei Tage arbeiten sie im Jugendamt, wo sie derzeit hospitieren und die Struktur sowie den Sozialraum kennenlernen. Das Studium umfasst sieben Semester. Das Besondere: Die Studiengebühren übernimmt das Bezirksamt. Im Gegenzug verpflichten sich die Studierenden, nach ihrem Abschluss im Jahr 2022 weitere drei Jahre für das bezirkliche Jugendamt tätig zu sein.
Für Nadia Abokhella (18), die vor Kurzem noch die Schule besuchte, ging das alles wahnsinnig schnell. Eigentlich hatte sie nach einem FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) gesucht, war dann jedoch auf die Möglichkeit des dualen Studiums aufmerksam geworden. Nun hat sie bereits mehr als drei Monate davon absolviert und ist „sehr gut reingekommen“, weil sich die Dozenten „sehr gut gekümmert haben“. Sie habe sich schon immer für soziale Berufe interessiert und hatte auch schon zuvor das Ziel, im Jugendamt zu arbeiten. Anke Redlitz-Daus (51) studierte dagegen einst Modedesign und hat in ihrem Berufsleben schon viel erlebt, arbeitete unter anderem als Kostümassistentin bei Filmproduktionen. Nach ihrem Besuch auf der Info-Messe „Berlin-Tag“ entschied sie, als Quereinsteigerin in die pädagogische Richtung zu wechseln.
So unterschiedlich die beiden Frauen auch sein mögen, für das Jugendamt verkörpern sie die Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit mehr Personal in der Verwaltung und damit einem verbesserten Angebot für die Bürger. Im Moment sieht die Situation noch so aus, dass das Amt mit seinen 330 Mitarbeitern von insgesamt 90 Stellen im Regionalen Sozialdienst 24 nicht besetzen kann. Auch deshalb sagt Bürgermeisterin Angelika Schöttler an die beiden Damen gerichtet: „Es wartet bereits ein Arbeitsplatz auf Sie.“
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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