Urteil zum „Ehrenmord“: Sürücü-Brüder in Istanbul vom Vorwurf der Beihilfe freigesprochen

Tempelhof. Am 7. Februar 2005 wurde die 23-jährige Hatun Sürücü auf offener Straße in Tempelhof von ihrem jüngsten Bruder erschossen. Der Fall machte als „Ehrenmord“ Schlagzeilen. Nun sorgt aktuell ein türkisches Gerichtsurteil für Schlagzeilen.

In Istanbul waren zwei Brüder (36 und 38) von Hatun Sürücü wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Tötung ihrer Schwester angeklagt. Das Urteil vom 30. Mai lautet nach über einem Jahr Prozess: Freispruch in allen Anklagepunkten. Es hätten "nicht genügend eindeutige und glaubhafte, klare Beweise gefunden werden können", so die Begründung des Gerichts.

Wegen der Tat waren damals die drei Brüder der Ermordeten angeklagt. Vom Berliner Landgericht wurde 2006 aber nur der zur Tatzeit noch minderjährige jüngste Bruder zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Die beiden älteren Brüder mussten mangels an Beweisen freigesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft ging allerdings nach wie vor davon aus, dass die drei Sürücü-Brüder die Tat gemeinsam beschlossen und die beiden Älteren den Jüngsten mit dem Mord beauftragt hätten. Der älteste Bruder soll zudem die Tatwaffe besorgt haben und erwartete einen Prozess wegen unerlaubten Waffenbesitzes. Daraufhin setzten sich die beiden in die Türkei ab und wurden erst Anfang 2016 in Istanbul, wohl nicht zuletzt auf Betreiben der hiesigen Strafverfolgungsbehörden, vor Gericht gestellt. Dort haben sie auch ihren nach der inzwischen verbüßten Haftstrafe in die Türkei abgeschoben Bruder wiedergetroffen.

Hatun Sürücü war eine Deutsche kurdisch-türkischer Herkunft, die ein selbstbestimmtes Leben frei von patriarchalen Strukturen führen wollte. Sie war als 16-jähriger Teenager in der Türkei mit einem Cousin zwangsverheiratet worden und anschließend mit ihrem kleinen Sohn zurück nach Deutschland zu ihrer Familie geflohen. Damit war die Familie aber nicht einverstanden und die junge Frau nahm ihr Leben und das ihres kleinen Kindes in die eigenen Hände. Sie suchte sich eine Wohnung und machte eine Ausbildung. Am 7. Februar 2005 wurde sie in der Oberlandstraße von ihrem zur Tatzeit 16 Jahre alten Bruder mit drei Kopfschüssen aus nächster Nähe regelrecht hingerichtet. HDK

Autor:

Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof

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