Die große Mikrowelle der Luftwaffe
Eine Besichtigung des Radarturms am Tempelhofer Feld

Hauptmann Gläsing auf dem begehbaren Außenring des Radarturms. | Foto: Philipp Hartmann
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  • Hauptmann Gläsing auf dem begehbaren Außenring des Radarturms.
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Jeder Besucher des Tempelhofer Felds sieht ihn. Kaum jemand dürfte ihn jedoch je betreten haben. Der Radarturm neben dem ehemaligen Flughafen gehört zum Erscheinungsbild einfach dazu. Dank Hauptmann Gläsing durfte die Berliner Woche einmal hinein und bis nach oben.

Am Columbiadamm 76 wartet zunächst eine Überwachungskamera. Ein Wachmann lässt uns durch zwei elektronische Zugangstüren und nimmt unsere Personalien auf, denn der Radarturm befindet sich in einem militärischen Sicherheitsbereich. Gebaut wurde er 1982 vom Bauamt Süd der Sondervermögens- und Bauverwaltung Berlin nach einem Entwurf von Adolf Behrens im Auftrag der Amerikaner. Am 1. Juli 1993 übergab die U.S. Air Force in Person von Major Frances P. Belford den Schlüssel an Oberstleutnant Harald Herbst. Seitdem nutzt ihn die Luftwaffe der Bundeswehr. Sie betreibt die Radartechnik, die zur Überwachung des deutschen Luftraums genutzt wird. Die Signale reichen bis nach Frankfurt am Main, Rügen und Warschau. Einige Hinweise auf die Zeit, die die Amerikaner hier verbrachten, lassen sich noch heute finden. So wurden das Mobiliar sowie einige Marschbänder und Wimpel zurückgelassen, wie Hauptmann Gläsing beim Empfang im Nebengebäude zeigt.

Nach einem kurzen Zwischenstopp geht es weiter zum Eingang des Radarturms. 72 Meter ist er hoch. Die markante weiße Kuppel, in der Fachsprache Radom genannt, besteht aus einer Kunststoffhülle. Gestützt wird sie von vier Pfeilern: das Strom- und das Wasserbein, in denen die jeweiligen Leitungen verlegt sind, sowie das Aufzugs- und das Treppenbein. Weil bei unserem Besuch gerade der Fahrstuhl außer Betrieb ist, müssen wir den Weg nach oben zu Fuß durch das Treppenbein erledigen. 270 Stufen geht es auf einer engen Wendeltreppe hinauf. Als Belohnung für die kleine Anstrengung wartet bei klarem Himmel auf 60 Metern Höhe eine herrliche Aussicht über Berlin. In der Ferne sind der Teufelsberg, das Sony Center, der Dom und der Gasometer zu sehen. Selbst die gelb-rot gestreiften Zirkuszelte von Cabuwazi gleich nebenan wirken ganz weit weg. Aus dieser Höhe sehen sie kaum größer als Bonbons aus.

Wir folgen Gläsing ins Innere des Radoms. Das laute Rauschen kündigt an, dass wir uns nun im Vorraum direkt unterhalb des Radargeräts befinden. „Radiation Hazard“ steht auf einem Warnschild. Ab hier besteht Strahlungsgefahr. „Sie müssen sich das wie eine große Mikrowelle vorstellen“, erklärt der Technische Offizier der Radarstellung. Das bedeutet, dass teils starke elektromagnetische Wellen entstehen. Aus diesem Grund dürfen Techniker zur Wartung nur dann an das Radargerät herantreten, wenn es heruntergefahren wurde. Die elektromagnetischen Wellen bewegen sich vom Primärradargerät ansonsten rund um die Uhr mit nahezu Lichtgeschwindigkeit in den Luftraum fort. Treffen sie dort auf ein Hindernis, werden sie reflektiert. Auf diese Weise lässt sich die Entfernung der Flugobjekte bestimmen. Das Sekundärradargerät, eine kleine auf dem Primärgerät installierte Antenne, kann über die Transponder der Linienflugzeuge weitere Daten erfassen. Für die Antenne hat die Luftwaffe sogar einen Kosenamen, wie ein Holzschild mit der Aufschrift „Teddybär“ beweist. „Denken Sie an den Leopard-Panzer“, wirft Gläsing ein. Dies sei nur eines von vielen Beispielen, dass beim Militär Tiernamen als Bezeichnungen gern genutzt werden.

2004 musste das Radargerät modernisiert und im Zuge dessen auch das alte Radom ersetzt werden. Die gedellte Oberfläche, welche die Kuppel optisch wie einen Golfball aussehen ließ, verschwand damit. Seitdem ist die Kunststoffhülle glatt. Mit dem Flughafen Tempelhof zusammen steht der Radarturm heute unter Denkmalschutz und fasziniert offenbar auch Hauptmann Gläsing, obwohl er bereits seit 2003 dort arbeitet, noch immer. „Für mich ist es der schönste Standort, an dem ich mir vorstellen könnte, stationiert zu sein“, sagt er bei der Verabschiedung.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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